Grenzen der Nutzung der Sonnenenergie

Grenzen der Nutzung der Sonnenenergie und der Solartechnologie

In den vergangenen 200 Jahren hat sich die Menschheit dahingehend entwickelt, daß ihre technisch-wirtschaftlichen Zentren gerade in Mitteleuropa und Nordamerika weitgehend in jenen Gebieten liegen, in denen die Sonne am unzuverlässigsten scheint, obwohl der gesamte technisch-industrielle Komplex inzwischen darauf aufbaut, daß die genutzten Primär- und Sekundärenergieträger zu jeder Tages- und auch Jahreszeit unverändert und in vollstem Umfang zur Verfügung stehen.

Die allgemeine Verfügbarkeit der Sonnenenergie – die ja am meisten dort anfällt, wo sie überhaupt nicht gebraucht wird – ist dem jedoch entgegengesetzt. Eine zentrale Nutz­ung ist daher sehr schwierig und die Energieübertragung über die weiten resultierenden Strecken bis hin zu den Bedarfszentren überaus problematisch.

Das Sonnenlicht trifft die Erde auch nur in mäßiger Kon­zentration (von der gesamten Sonnenstrahlung fällt für die Erde nur ein Fünfhundertmillionstel ab) und zu sehr unterschiedlichen Zeiten – seine mangelnde Beständigkeit erfordert daher den Einsatz großer und aufwendiger Energiespeicher (s.d.).

Besonders dann, wenn große Energiemengen benötigt werden, sei es für die Beleuchtung (Nachts) oder für Heizzwecke (Winter), scheint die Sonne nicht oder nur schwach, oder sie wird oft durch Wolkenbildungen verdeckt. Die aus diesem Grund erforderlichen Energiespeicher bzw. Pufferspeicher (besonders Langzeitspeicher) sind aber noch immer unterentwickelt, existierende Systeme sind unverhältnismäßig teuer. Bei der Betrach­tung der Speichersystemproblematik darf auch nicht vergessen wer­den, daß diese für ihre Speicherfunktion ja auch wesent­lich vergrößerte Kollektorflächen (hier Solarthermie) benötigen. Bei einem mit Wasser arbeitendem Pufferspeicher (Kombispeicher) rechnet man mit 50 l Wasser pro m2 Kollektorfläche – jedenfalls in Bezug auf Kurzzeitspeicher. Eine einfache Kollektor­anlage produziert zwar an einem sonnigen Tag rund 1.500 1 Warmwasser bei 60°C – also weit mehr, als der in diesem Beispiel angenommene 5-Personen Haushalt braucht –, doch schon ein einziger sonnenloser Tag erschöpft diesen Wärmevorrat restlos.

Die finanziellen Aufwendungen für Kollektoranlagen mit Wärmespeichern betragen (bezüglich eines Einfamilienhauses) zwischen 7500 und 12.000 Euro (Stand 1980), wobei es im mitteleuropäischen Klima notwendig ist, trotzdem noch für die Wintermonate eine zusätzliche Öl- oder Elektroheizung zu installieren, die nochmals um die 7.000 Euro kostet. Ein autarkes, also rein auf Sonnenenergie aufbauendes Haus mit etwa 120 m2 Wohnfläche kostet um 300.000 Euro und eigentlich derartige Systeme erst ab 200 m2 Wohnfläche als wirtschaftlich betrachtet werden.

Oftmals bekommen Bauherren, welche Sonnenkollektoren für die verschiedensten Anwendungen installieren möchten, Schwierigkeiten mit den Baubehörden, die auf Grund der Gestaltungsparagraphen in den Landesbau­ordnungen teilweise sogar die Baugenehmigung verweigern.

An dieser Stelle soll aber auch der nicht unerhebliche Wartungsaufwand erwähnt werden, der sich mit einer Kollektoranlage verknüpft. Außerdem die kurze Haltbarkeit dieser Anlagen, die im Durchschnitt nur 15 bis 20 Jahre beträgt. In Klima Mitteleuropas ist ein Korrossionsschutz dringend notwendig, sowie meistens auch ein Frostschutzmittel (Glycolzusatz o.ä.), um einen problemlosen Betrieb zu gewährleisten. Was die Lebensdauer der einzelnen Kollektoren angeht, so hat die EG-Forschungsstätte in Wiesbaden (USPRA) herausgefunden, daß diese kaum länger als 4 bis 5 Jahre beträgt. Eine sogenannte Langzeitbeständigkeit sei nicht festzustellen. Bei Vakuum-Röhrenkollektoren trat häufig ein schleichendes Entweichen des Vakuums auf (Stand 1982). Zu diesem Zeitpunkt sind Kollektor-Solarheizungen noch nicht ausgereift, die Wärmeverluste sind immens und es fehlt an ausreichenden Erkenntnissen über die günstigste Geometrie von Solarhäusern.

Von Einfluß auf alle Sonnenenergie-Systeme sind Sonnen- und Himmelsbestrahlungsstärken, Außenlufttemperatur und Windgeschwindigkeit – außerdem auch der Reflexionsgrad der direkten Umgebung. Fast alle Systeme können durch Hagel schwere Schäden erleiden. Großflächige Solarkraftwerke (meist Hochtemperatursysteme) brauchen sonnige, flache und nur dünn besiedelte Regionen für ihre optimale Funktion, ihre Auswirkungen auf Fauna und Flora dieser Regionen sind bisher weitgehend noch unbekannt. In der Praxis hat sich gezeigt, daß bereits Kondensstreifen von Flugzeugen die Leistung von Solarkraftwerken um einige Prozent verringern können. Ab Windgeschwindigkeiten von 48 km/h müssen Heliostatenfelder von allen Personen geräumt werden, da man sonst bei Spiegelbruch in einem Scherberegen stehen würde.

Der Nutzeffekt von Solarzellen ist für eine breite Anwendung noch zu gering, selbst bei der Silizium-Zellen­Herstellung wird der Preis pro Watt Leistung aus wirtschaftlichen kaum unter die 2 DM Grenze sinken. Die erwähnte ‚Schallgrenze’ von rund 3,5 $ pro W ist auch im Jahre 2004 noch immer nicht durchbrochen. Hinzu kommt, daß Dünn­schichtzellen aller Art durch Alterung sehr schnell inaktiv und damit nutzlos werden. Außerdem kommen noch die extrem hohen Anlageninvestitionskosten von ca. 75.000 DM je installierten kW dazu, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen oftmals Schiffbruch erleiden lassen (Stand 1976).

Die Betriebskosten entfallen gänzlich für PV-Anlagen und die Wartungskosten sind minimal, aber die Anschaffungskosten sind enorm, d.h. alle Kosten entstehen am Anfang, bevor Strom überhaupt erzeugt worden ist. Weitgehend Unklarheit herrscht auch noch bezüglich der ‚verborgenen Emissionen’ der Solarzellenproduktion, die teilweise von hoher Giftigkeit sind. Sowohl die Umweltverträglichkeit als auch das spätere Recycling von Modulen bilden Problemfelder.

Der großflächige Einsatz von PV-Systemen in heißen Ländern hat noch einen weiteren Haken: Oft wird dabei nämlich übersehen, daß Solarzellen meistens bei 25°C ihren optimalen Betriebspunkt haben. Die Ausbeute bei einer Modultemperatur von 25° ist wegen der stärkeren Sonneneinstrahlung beispielsweise in Mexiko zwar doppelt so hoch wie in Deutschland, aber ein Modul kann sich in Mexiko in der sommerlichen Sonne auch schnell auf weit über 70°C erhitzen. Laut Klaus Kiefer vom Fraunhofer ISE beträgt der Leistungsabfall rund 0,4 % pro Grad Kelvin bei polykristallinem und monokristallinem Silizium ab 25°C – was aufwendige Kühlsysteme erforderlich macht. In Deutschland kompensieren die kühleren Temperaturen die schwächere Einstrahlung einigermaßen, so daß die Ausbeute in Mexiko in der Praxis – im Gegensatz zur schönen Theorie – eben doch nicht doppelt so hoch ist.

Ein weiteres Risiko ist der weltweite Mangel an Silizium, dem Grundstoff für Solarzellen. Zwar wird Silizium aus Sand gewonnen – der nahezu unbegrenzt vorhanden ist –, aber das Verfahren ist sehr aufwendig, und die Kapazitäten sind begrenzt. Veredelungsanlagen für Silizium sind teuer und nicht von heute auf morgen zu bauen. Experten rechnen damit, daß noch bis 2007 mehr Silizium nachgefragt wird, als auf dem Weltmarkt vorhanden ist.

Einen kleinen Einblick in die zur Umstellung auf Sonnenenergie tatsächlich notwendigen Kosten erlaubt die Berechnung, daß in den USA das fiktiv anvisierte Ziel von nur 1 % der derzeitigen Kraftwerkskapazitäten eine jährliche Investition von 1 bis 2 Mrd. $ über einen Zeitraum von 10 Jah­ren erforderlich machen würde.

Während für die Anwender in Entwicklungsländern schon die einfachsten Kollektoranlagen viel zu teuer sind, erreichen die Kostenvorausberechnungen für Satellitenkraftwerke den absoluten Höhepunkt. So wird alleine nur der enorme Bedarf an teuren Rohstoffen deutlich wenn man erfährt, daß schon für einen einzigen der SPS-Satelliten etwa drei Zehntel der derzeitigen Weltjahresproduktion an Aluminium benötigt werden (Stand 1980). Während der Hochtransport der Bauteile in den Orbit durch die vielen notwendigen Raketenstarts die oberen Schichten der Atmosphäre stark verschmutzen wird, befürchtet man von anderer Seite auch, daß die zur Erde zurückgestrahlten Mikrowellen ebenfalls eine Gefährdung darstellen. Erwartet wird auch, daß es einen negativen Einfluß auf das Funkwesen geben wird, ebenso wie zu befürchten ist, daß eine Überhitzung der Atmosphäre oder eine Methan-Reaktion in ihr eintreten wird.

Die wertvolle Energie bleibt an trüben Tagen in den Wolken hängen, die Verluste auf dem Umwandlungsweg Solarstrom – Laserlicht – Solarstrom sind beachtlich. Und – sofern es sich bei den Energiesatelliten nicht um die L5-Habitate nach O’Neill handelt – wenn etwas kaputt ist, müssen Astronauten zur Reparatur hochgeschickt werden.

Großindustrielle Solarkraftwerke werden über mehrere Kontinente miteinander vernetzt sein. Für Europa mag dies eine weitere Anhängigkeit bei Energielieferungen aus Nordafrika bedeuten, dem prädestinierten Standort zur Versorgung des ‚alten Kontinents’.

Zusammengefaßt ist zu sagen, daß sich die Sonne in kleinem Maßstab und – bei ausreichender Unterstützung­ auch und ganz besonders in Ländern der 3. Welt – durchsetzen könnte (und dringend auch sollte!). Was aber sogar den Einsatz dort stark beeinträchtigen kann, ist der unqualifizierte Nachbau von Anlagen, deren schnell auftretende und meist erhebliche Betriebsmängel den Ruf der Solarenergie schwer schädigen und das Vertrauen der Kunden schwächen. An dieser Stelle spreche ich aus eigener Erfahrung, die in hauptsächlich in Syrien und Jordanien sammeln konnte.

Bei einer Versorgung mit photovoltaischen Solar Home Systemen (SHS) ist den Menschen der 3. Welt bewußt, daß dies nur eine Elektrifizierung ‚zweiter Klasse’ ist – denn Bügeln, Kochen oder der Betrieb eines Kühlschrank ist nur mit einem Anschluß an das ‚richtige’ Stromnetz möglich. Die SHS stoßen daher oft auf wenig Gegenliebe, weil die Menschen befürchten, dadurch den Anspruch auf eine ‚richtige’ Stromversorgung zu verlieren. Nach Untersuchungen der GTZ im Jahr 2000 werden durch SHS praktisch keine wirtschaftlichen Aktivitäten stimuliert und somit auch keine neuen Einkommensmöglichkeiten und Arbeitsplätze geschaffen.

Und wenn ein SHS – meistens bestehend aus mindestens einer Photovoltaik – Anlage (PV-Anlage), einem Wechselrichter und einer Batterie, um den Strom für Sparlampen, Radio, S/W-Fernseher usw. bereitzustellen – erst mal installiert ist, steigt häufig der Konsum, so daß das System bald überlastet ist. Das führt zu Frustration unter den Anwendern, die meinen, die Technik funktioniere nicht. Das System kann natürlich von der Technik her fast immer problemlos ausgebaut werden, aber das kostet Geld.

Fazit: Als alleiniger Substitutionsenergieträger für eine technisierte und entwickelte Welt mit hohen Ansprüchen aller Art kommt die Sonnenenergie nicht in Frage, so sinnvoll ihr Einsatz auch sein mag. Und selbst politisch ist diese Energieform nicht ganz ohne:

„Die Sonnenenergie öffnet keinen Fluchtweg aus der Weltpolitik, sondern führt mitten hinein in ihre ungelösten Schwierigkeiten.“

Erwin Häckel, Professor für Internationale Politik (1989)

 

Doch dies kann ja auch positiv gesehen werden, oder? Denn die Zeit, in welcher man diese Schwierigkeiten einfach unter den Tisch zu kehren versuchte, ist vorbei.

Und duschen mit solar aufgeheiztem Wasser macht auch sehr viel mehr Spaß, als wenn die gleiche Wärme aus einem Brenner im Keller kommt. Man fühlt es regelrecht. Hatte ich das schon mal gesagt?!