Geschichte der Solarenergie 1901 bis 1974

Geschichte der Solarenergie 1900 – 1974

In den Jahren 1902 – 1918 experimentieren im kalifornischen Needles H. E. Willsie und John Boyle Jr. mit Flachkollektoren. Dabei stellen sie fest, daß diese weit weniger empfindlich auf Wolken reagieren als Spiegelsysteme. Ihre Kästen haben zwei Glasplatten und einen geteerten Boden, über den eine dünne Schicht Wasser fließt. Mit dem heißen Wasser lassen sie niedrigsiedende Schwefeldioxid verdampfen und erreichen mit einer Kollektorfläche von 186 m2 eine Leistung von 11 – 15 kW, die sie für Pumpzwecke nutzen. Ihre 1903 patentierte Hot Box wird im May 1909 in dem Fachblatt Engineering News vorgestellt. 1904 bauen die beiden einen Solarmotor mit 5 kW, beim dem 6.000 Spiegel mit einer Gesamtfläche von 80 m2 zum Einsatz kommen.

Der deutsche Physiker Philipp Lenard entdeckt 1904, daß Lichtstrahlen beim Auftreffen auf bestimmte Metalle Elektronen aus deren Oberfläche herauslösen, und lieferte damit die ersten Erklärungen für den Photoeffekt.

1905 folgt das Patent für einen solaren Wasserkocher von E. P. Brown und Carl Gunther. Und Albert Einstein publiziert seinen Artikel über den photoelektrischen Effekt.

1907 erhalten Dr. Wilhelm Maier und Adolf Remshardt vom Kaiserlichen Patentamt das Patent Nr. 231294 für eine ‚Vorrichtung zur unmittelbaren Verwendung der Sonnenwärme zur Dampferzeugung’. Den beiden Entwicklern wird neben dem ‚ersten Sonnenmotor der Welt’ allerdings auch der erste Transistor der Welt, die erste Solarzelle der Welt, die erste Vorrichtung zur unmittelbaren Verwendung der Sonnenwärme zur Dampferzeugung und ähnliches mehr zugeschrieben – vermutlich aus etwas übertriebenem Stuttgarter Lokalpatriotismus…

1908 erfindet William J. Bailley, ein Mitarbeiter der Carnegie Steel Company, einen Solarkollektor mit Kupferrohren in einer isolierten Kiste – fast schon genau so, wie er auch heute noch hergestellt wird. Bis 1941 sollen davon über 60.000 Stück hergestellt und primär in Florida installiert worden sein – das Unternehmen hieß programmatisch The Day and Night Solar Water Heater Company.

Ebenfalls 1908 konstruiert in Russland Vitold Karlovich Zerassky (1849 – 1925), Professor an der Universität Moskau, eine solare thermoelektrische Anlage mit Zink-Antimon legierten bzw. versilberten Drähten. Er baut dabei u.a. auf den Versuchen von E. Weston auf, der ab 1888 in den USA mit Thermoelementen experimentiert hatte. In Zerasskys Anlage befand sich das ‚heiße’ Endstück in einem Glasabsorber, das andere an der Luft als Kältepol. Wegen der geringen Ausbeute und den hohen Kosten findet das System aber keine Verbreitung.

In Berlin konstruiert 1908 der Privatdozent Alfred Stock einen Sonnen-Vakuumofen und erweckt das Interesse der Firma Carl Zeiss in Jena, die bis in den 1. Weltkrieg hinein Versuche durchführt und das erarbeitete solartechnische Verfahren 1922 zum Patent anmeldet. Von einer praktischen Nutzung ist jedoch nichts bekannt.

Um 1910 nutzt J. A. Harrington in New Mexico eine solarbetriebene Dampfmaschine, um tagsüber Wasser in einen hochangelegten Speicher zu pumpen, aus dem es dann über eine Wasserturbine geleitet Strom erzeugt, mit dem eine Erzmine ununterbrochen ausgeleuchtet werden kann.

In dem 1911 erschienenen Roman Ralph 124C41+ von Hugo Gernsback (1884 – 1967) erfolgt die Versorgung von New York mit Energie, Licht und Wäre mittels immenser Sonnenkraft-Generatoren, den Helio-Dynamophoren. Auch im Detail zeigte der SF-Schriftsteller – wie so viele seiner späteren Kollegen – enormen Weitblick; ich zitiere aus der deutschen Ausgabe von 1973:

„Das gesamte Areal, 20 km2, war mit Glas bedeckt. Unter den schweren Glasplatten befanden sich die fotoelektrischen Elemente, die die Sonnenwärme direkt in elektrische Energie verwandelten. Diese Elemente – 400 pro m2 – steckten in beweglichen Metallbehältern, von denen jeder 1600 foto-elektrische Einheiten enthielt. Jeder Metallbehälter war auf ein großes dreifüßiges Stativ montiert, dergestalt, daß es sich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang langsam drehen konnte, um sich jeweils – wie eine Heliotrop-Pflanze – direkt der Sonne zuzuwenden. Dadurch trafen die Sonnenstrahlen die foto-elektrischen Zellen stets senkrecht. (…) Die Hälfte des Werkes war für den Tagesverbrauch eingerichtet, während die andere Hälfte tagsüber die Gas-Akkumulatoren auflud, die für die nächtliche Energieversorgung verantwortlich waren.“

 

Das erste ‚richtige’ Solarkraftwerk wird 1912/1913 von dem deutsch-amerikanischen Ingenieur Frank Shuman (1862 – 1917) aus Tacony errichtet – im ägyptischen Meadi, etwa 25 km südlich von Kairo. Er hatte bereits 1906 mit seinen Versuchen begonnen und schon mehrere Anlagen erfolgreich vorgeführt. 1911 interessieren sich Investoren aus England für seine Technik, die daraufhin in Zusammenarbeit mit dem britischen Professor C. V. Boys, dem Erfinder der Quarzfaser, und dem ebenfalls britischen Beratungsingeneut A. S. E. Ackermann ersftmals in industriellem Maßstab umgesetzt wird.

Die damals weltgrößte Kollektorfläche liefert rund 55 PS für den Betrieb von Wasserpumpen (spätere Quellen sprechen von sogar 100 PS). Auf einer Gesamtfläche von 3.500 m2 sind Rinnenkollektoren, die eine Konzentration von 4,5 : 1 aufwiesen, in fünf Reihen à 62 m Länge und 4 m Breite aufgestellt. Sie haben eine Fläche von 1.277 m2 und werden über ein Hebelsystem der Sonne nachgeführt, so daß sie ihre volle Leistung bis zu 9 Stunden am Tag erzielen. Der Wirkungsgrad soll dabei rund 40 % betragen. Der erste Heizkessel explodiert, aber mit dem zweiten kann das Kraftwerk kontinuierlich über 5 Stunden bis zu 45 kW liefern.

Ägyptische Parabolrinnen-Anlage von 1913

Parabolrinnenanlage (Ägypten, 1913)

Aufgrund der hohen Investitionskosten wird allerdings eine geplante weitere, sogar noch wesentlich größere Anlage dann doch nicht realisiert. Und auch der Vertrag mit der Deutschen Reichsregierung, eine solare Pumpenanlage in den afrikanischen Kolonialgebieten zu errichten, scheitert am Ausbruch des I. Weltkrieges. Ähnliche Anlagen wie die in Ägypten sollen damals auch schon in Peru und in Kalifornien in Betrieb gewesen sein.

Der US-Amerikansche Astrophysiker Dr. Charles Greeley Abbot (1872 – 1973) baut 1916 einen Solarofen, der mit einen Öl-Zirkulationssystem ausgestattet ist und über 150°C erreicht. In dem er einen Aluminium-Reflektor sowie Maschinenöl als Wärmeträger und -speicher nutzt kann der Ofen 24 Stunden am Tag genutzt werden. Nachdem er gemeinsam mit Abbot im Observatorium auf dem Mt. Wilson gearbeitet hat, erhält auch der ‚Vater der amerikanischen Raketentechnik’, Robert Goddard (1882 – 1945), das erste von fünf  Solarpatenten.

Der aus West-Preußen (heute Polen) stammende Wissenschaftler Jan Czochralski (1885 – 1953) entwickelt 1916 während seiner Arbeit bei der AEG in Berlin eine bis heute noch genutzte Methode, um kristallines Silizium zu züchten (s.u.). Und Albert Einstein (1879 – 1955) erhält 1921 den Nobelpreis für seine Erklärung des photoelektrischen Effekts von 1905.

1919 strebt das Bayerische Innenministerium die Gründung eines Solar-Forschungsinstituts an, und stellt dafür den damals recht beachtlichen Betrag von 10.000 Mark zur Verfügung. In zahlreichen Sitzungen und aufgrund ebenso zahlreicher und eher ablehnender Gutachten von renommierten Persönlichkeiten wird das Projekt aber zu Tode diskutiert und 1922 endgültig abgelehnt. Ein negativer Meilenstein, der die Entwicklung sicherlich um Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte zurückgeworfen hat.

W. J. Harvey lässt sich 1921, und L. H. Shipman 1928 jeweils einen Solarmotor patentieren.  In diesem Jahr erfolgt auch die erste Preisabsprache zwischen Mobil, Shell, Exxon und British Petroleum (BP), die gegenüber der Solarenergie kein konstruktives Interesse zeigen.

1929/1930 tritt der Raketenpionier Hermann Oberth (1894 – 1989 ) mit der Idee an die Öffentlichkeit, mit einem Sonnenspiegel im Weltraum Energie auf die Erde zu strahlen. Ein Drahtnetz von 100 bis 1.00 km Durchmesser, mit beweglichen Spiegeln bestückt, soll das Sonnenlicht bündeln und an jeden beliebigen Punkt der Erdoberfläche konzentrieren. Diese großen erdumkreisenden Spiegel sollen dazu verwendt werden, um Sonnenlicht zur Erde zu lenken, strenge Winter zu verhindern, die Winde zu regulieren und Polarregionen bewohnbar zu machen.

Das Jahr 1930 schein ein ganz besonders in der Geschichte der Energie im allgemeinen und der Solarenergie im besonderen zu sein:

Am 15. Juni 1930 findet in Berlin mit mehreren tausend Teilnehmern im Festsaal der Kroll-Oper die zweite Welt-Kraft-Konferenz statt. Unter den Teilnehmern: Oberth, Einstein, Hahn, Meitner. Man referiert eine Woche lang über den Raubbau an der Steinkohle, über Wasserkraft und über der Energie der Sonne. Von dem Nobelpreisträger Wilhelm Oswald (1853 – 1932) kommt der Leitspruch „Vergeude keine Energie, verwerte sie!“. Seinen Vorschlag zur Nutzung der Sonnenenergie hatte er schon 1911 in seinem Buch Die Mühle des Lebens veröffentlicht: den photoelektrischen Strom.

Schon im März 1930 hatte der Ingenieur Hermann Honnef, Erbauer des 263 m hohen Funkturmes in Königs Wusterhausen bei Berlin sein erstes Patent für große Windkraftwerke eingereicht: 500 m hohe Türme mit mehreren Windrädern von 60 m Durchmesser (s.d.). Und der 28 Jahre alte Berliner Physico-Chemiker Bruno Lange (1903 – 1969), Angestellter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Silikatforschung und späterer Gründer der Berliner Firma Dr. Bruno Lange GmbH & Co. KG, berichtet im September auf dem 6. Deutschen Physikertag in Königsberg: „Gerade hinsichtlich der Energieausbeute berechtigt die neue Photozelle zu der Hoffnung, daß auf diesem Wege eine nutzbare Umwandlung der ungeheuren Energiemengen, die uns die Sonne täglich zustrahlt, technisch möglich wird.“ In der Firmenchronik steht dazu lakonisch: „1931: Dr. Bruno Lange erfindet das Selen-Photoelement“.

Walter Schottky (1886 – 1976), Spitzenforscher im Bereich der neuen Halbleitertechnologie bei Siemens, stellt 1930 einen mit Solarenergie betriebenen Mini-Elektromotor vor. Und in der Sylvesterausgabe des Berliner Tagesblatts schwärmt Hans Dominik (1872 – 1945), Bestseller-Autor technisch-utopischer Romane, von Installationen in der Sahara, die „subtropische Sonnenstrahlen in Form von Elektrizität einfangen und in das energiehungrige Europa schicken.“

In diesem Jahr entwickelt H. Delecourt eine Solarmaschine, die mit Chlorethan betrieben wird, während D. H. Drane eine weitere konstruiert, die für Ammoniak ausgelegt ist.

Während der 1930er Jahre entwickelt sich in Japan aufgrund des Mangels an eigenen fossilen Brennstoffen eine kräftige Kollektorindustrie, innerhalb kürzester Zeit werden drei Dutzend Patente für solarbetriebene Warmwasserbereiter erteilt. Bis in die 1960er Jahre hinein sollen etwa 250.000 Anlagen in Betrieb gewesen sein!

Solarversuchsanlage in der Sowjetunion

Solarkollektor in Taschkent (ca. 1930)

1931 erhält G. W. Dooley ein Patent für eine Solarmaschine – und 1932 W. L. R. Emmet für eine weitere, bei der Spiegel und eine Vakuumisolierung eingesetzt werden. Etwa um diese Zeit wird im kalifornischen Pasadena der erste – damals noch ringförmige – Solardish (s.d.) errichtet, mit einer Leistung von 4 PS.

In dem US-Magazin Modern Mechanix vom November 1932 wird eine Solar-Maschine vorgestellt, von der ich sonst noch nirgendwo gehört habe. Der Erfinder ist ein J. J. Warner aus San Francisco. Es ist nicht ganz klar, ob es sich nur um ein Konzept gehandelt hat oder ob auch schon ein Modell existierte.

Die Funktion der Maschine basiert auf dem Prinzip der Kontraktion und Expansion von Wolframdrähten. Diese Drähte sind längs einer sich drehenden Trommel angebracht, und die Sonnenstrahlen werden über Parabolspiegel auf jeder Seite auf sie gerichtet. Da sich die Trommel dreht, verlassen die Drähte den Fokusbereich der Sonnenstrahlen und tauchen unten in einen Trog mit kaltem Wasser. Die plötzliche Abkühlung der Drähte veranlaßt diese, sich schnell zusammen- und an einem Umlenkhebel am Ende der Trommel zu ziehen. Über ein Ratschenrad wird die Trommel ständig weiterbewegt und mittels einer Kette die mechanische Energie abgeführt, während die Drähte wieder und wieder erhitzt und abgekühlt werden.

Das System erinnert an eine Frühform der Nitinol-Maschinen, wobei deren Memory-Effekt interessanterweise ebenfalls 1932 erstmals beobachtet wurde.

1933 bauen George und William Keck für die Century of Progress Fair in Chicago Amerikas erstes modernes Passiv-Solar-Haus, das sie Crystal House nennen.

Titelbild der Science and Invention vom August 1934

Hale-Solarofen

1934 erscheinen in der US-Amerikanischen Popular Science erste Fotos von solartechnischen Versuchsanlagen im sowjetischen Taschkent. Und in der Science and Invention wird darüber berichtet, daß der Astronom Dr. George Ellery Hale an einem solaren Brennofen mit 30 Spiegeln und einem Durchmesser von 450 cm arbeiten würde, mit dem er eine Temperatur von 3.300°C erreichen möchte.

1935 beginnt sich die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich mit solaren Bautechniken zu beschäftigen. Ebenfalls 1936 erhält F. A. Gill ein Patent für eine Solarmaschine – während Charles G. Abbot, von 1907 bis 1944 Direktor der Smithsonan Institution, 1936 auf der International Power Conference in Washington D.C eine solarbetriebene Dampfmaschine mit ½ PS vorstellt.

1938 konstruiert Arthur Brown ein Schulhaus in Tucson, Arizona, bei dem er die Techniken der passiven Solararchitektur umsetzt.

Am 04.04.1939 wird im Hayden Planetarium in New York City mit einem Geiger-Müller Detektor die Kosmische Strahlung eingefangen – und der resultierende Strom durch ein Kabel auf das Ausstellungsgelände in Flushing Meadows geleitet, wo es die bunten Lichter der 1939 World’s Fair mit Strom versorgte. Wenn diese Archivmeldung, die ich bislang nicht verifizieren konnte, tatsächlich stimmen sollte, dann wundert es mich sehr, daß man seitdem nichts mehr davon gehört hat. Schließlich ist die Kosmische Strahlung eine stetige und konstante Quelle, die weder vom Tag/Nacht-Wechsel noch von meteorologischen Bedingungen abhängig ist.

Solarbetriebener Hot Dog Verkaufsstand

Hot Dog Sand (ca. 1940)

Am MIT starten 1940 Dr. Maria Telkes (s.u.) und George O. G. Lof mit ihren Versuche an Solarkochern. In Kalifornien sorgt derweil ein Hot-Dog-Stand für Aufsehen, dessen Spiegel eine automatische thermostatische Sonnennachführung besitzen.

In amerikanischen Wissenschafts-Magazinen erscheinen zunehmend Berichte über die Nutzung der Sonnenenergie – wie z.B. in der Popular Science vom Februar 1940, in welcher eine ‘Sonnenfalle’ dargestellt wird – das Dach eines Ökohaus-Vorgängers in Cambridge – in Form eines vierfach verglasten thermischen Solarkollektors.

In Frankreich beginnt 1946 das Centre National de la Recherche Scientifique die verschiedenen Methoden zur Nutzung der Solarenergie zu untersuchen. Man macht auch erste Tests an großen Solaröfen. Damit sich die Entwicklung der Folgejahre nicht auseinandergerissen darstellt wird, fasse ich sie hier zusammen – weitere Details finden sich dann im Bereich der solaren Hochtempeatursysteme.

Solarofen Odeillo

Solarofen Odeillo

In Meudon wird ein 2 kW Ofen errichtet, der 1958 seinen Betrieb aufnimmt um Temperaturen zwischen 3.000 und 4.000°C erreicht. Durch die erfolgreichen ersten Versuche hatte man schon 1949 die immensen Möglichkeiten der solaren Hochtemperatur-Technologie erkannt und den deutsch-französischen Wissenschaftler Felix Trombe (1906 – 1985), der später auch durch seine sogenannte Trombe-Wand bekannt wird (s.u.) damit beauftragt, zuerst mit dem Bau eines 50 kW Ofens in Montlouis in den östlichen Pyrenäen – und anschließend mit dem Bau des mit seiner Leistung von 1 MW bislang wohl immer noch größten Solarofens der Welt bei Odeillo Font-Romeu zu realisieren.

1968 beginnt der Bau in 1.500 m Höhe – die dortigen klimatischen Verhältnisse erlauben eine Betriebsdauer von 3.000 Arbeitsstunden pro Jahr. Der Odeillo-Solarofen, dessen riesiger parabolischer Spiegel die gesamte Fassade eines elfstöckigen Gebäudes bedeckt, geht 1970 in den Probebetrieb und erreicht im Brennpunkt Temperaturen bis zu 3.800°C.

Ähnlich wie in Frankreich werden auch in den USA verschiedene Solar-Schmelzöfen errichtet, allerdings wesentlich kleiner dimensioniert. Schon während des Krieges hatte die AC Spark Plug Division von General Motors in Kooperation mit der Aluminium Company of America einen Solarofen mit einem Durchmesser von 3 m errichtet, der eine Temperatur bis zu 1.100°C erreichte. Nach dem Krieg wird diese Anlage an das Rockhurst College in Kansas City umgesetzt. Um 1954 steht der Ofen dann auf dem Gipfel eines 1800 m hohen Berges in der Nähe von San Diego. Nach verschidenen Modifikationen erreicht der Reflektor aus poliertem Aluminium in seinem münzgroßen Brennpunkt Temperaturen bis zu 4.700°C – und wird von der Consolidated Vultee Aircraft Corp. für metallurgische Werkstoffuntersuchungen eingesetzt. Dabei werden die extrem hitzeresistenten Verbindungen Hafniumcarbid (Schmelzpunkt: 3.890°C) und Tantalcarbid (3.880°C) entwickelt.

Weitere Solaröfen werden bei den Sandia Laboratories in Albuquerque, bei Georgia Tech und – als drittgrößte Anlage – in Natick, Massachusetts, gebaut (s.u.), von wo aus die Anlage 1972 zum White Sands Raketen-Testgelände im südlichen Neu Mexiko umgesetzt wird. Letztgenannte Anlage erzeugt im Brennpunkt eine Temperatur von 2.900°C, was dazu ausreicht, Stahl zu schmelzen.

Solarofen bei San Diego

Solarofen (ca. 1954)

1947 veröffentlicht die Libbey-Owens-Ford Glass Company das Buch Your Solar House, in welchem 49 Architekten ihre Konzepte vorstellen.

Die Erforschung der Solartechnik, mit der jüdische Siedler in Palästina bereits in den 30er Jahren begonnen haben, erzielt in den 50ern – also kurz nach Gründung des Staates Israel – durch die Arbeiten von Harry Tabor, dem damaligen Leiter des Nationalen Physikalischen Labors einen entscheidenden Durchbruch durch die Herstellung verschiedener schwarzen Kollektor-Beschichtungen.

1948 nimmt die Architektin und Miterfinderin des Solarhauses Eleanor Raymond (1887 – 1989) den Bau des ersten sonnenbeheizten Hauses in Angriff. Sie konstruierte in der Nähe von Boston das Dover Sun House in Zusammenarbeit mit zwei ungarischen Emigrantinnen, der Chemikerin und Professorin an der Universität New York Dr. Maria Telkes und der Gräfin Stella Andrassy. Beide hatten sich bereits ausführlich und sehr erfolgreich mit der Nutzung der Solarenergie befasst. Das Sun House war das erste Haus, bei dem neben dem Einsatz von Flachkollektoren auch ein passives Solarenergiekonzept verwirklicht wurde bei dem es gelang, das Haus so zu konstruieren, daß es das ganze Jahr über nur mit Hilfe von Sonnenenergie beheizt werden konnte. Der Einzug erfolgte am 24.12.1948.

Bell Solarzellen

Bell Solarzellen

Schon 1950 findet am MIT in Cambridge eine Symposium zur solaren Wohnraum-Beheizung statt. Dort waren von H. C. Hottel zuvor die fünf MIT-Häuser ebenfalls unter Berücksichtung solarbaulicher Aspekte errichtet worden. In diesem Jahr gibt es in Miami/Florida noch über 50.000 sonnen­betriebene Wasserkochgeräte – doch aufgrund des billigen arabischen Öls werden sie bald danach restlos abgeschafft.

1952 beginnen die Bell Laboratories mit der Entwicklung von Solarzellen – aber das von Präsident Dwight D. Eisenhower ab 1953 weltweit forcierte Programm Atome für den Frieden bedeutet auch gleichzeitig fast das Ende für dieses junge Projekt. Statt dessen fließen die Milliarden nun in den Ausbau der Kernenergie.

1953 wird an der Universität von Wisconsin ein Symposium zur Nutzung der Solarenergie veranstaltet. Dan Trivich von der Wayne State University berechnet erstmals die theoretischen Wirkungsgrade der Spektralsensibilität verschiedener Materialien. Im selben Jahr konstruiert Frank Bridgers das Bridgers-Paxton Building, welches als das weltweit erste Bürogebäude gilt, das kommerziell solar beheizt wird.

Am 25. April 1954 stellen Darryl M. Chapin, Calvin S. Fuller, und Gerald L. Pearson, Mitarbeiter der Laboratorien der Bell Company in Murray Hill, wo man die Photovoltaik nicht aus den Augen verloren hatte, die erste – und seit März zum Patent eingereichte – Silizium-Solarzelle vor: Ihr Solar Energy Converting Apparatus erreicht einem Wirkungsgrad von 6 %. Die New York Times bezeichnet die Entdeckung als den „Beginn einer neuen Ära“. Später wird sogar ein Wirkungsgrad von 11 % erzielt.

1954 sponsern die UNESCO und die Indische Regierung ein Symposium in Neu Delhi, bei dem es um die Nutzung der Solar- und Windenergie geht. Von einer indischen Regierungsorganisation entwickelte Solarkocher werden dort für umgerechnet 14 $ verkauft. Im selben Jahr wird in Phoenix, Arizona, die Association for Applied Solar Energy gegründet, die sich zu Beginn auf die Entwicklung von Vorrichtungen für Entwicklungsländer konzentriert. Eines ihrer Projekte läuft unter dem Titel Umbroiler: Man hatte umbrella (Regenschirm) und Broiler (Bratrost) zusammengezogen, um einen zusammenfaltbaren Solarkocher zu bezeichnen, dessen Erfindung später George Lof zugeschrieben wird (1957).

Algenzucht mit Solarenergie 1954

Algenreaktor

Zu diesem Zeitpunkt finden im Auftrag der Carnegie Institution in Washington, die der Arthur D. Little Inc. gehört, auch die ersten Versuche zur Algenzüchtung mittels Solarenergie statt. Die Chorella-Einzeller erhalten zusätzlich nur CO2 und Salze. Zuerst wird mit 150 cm hohen Glasreaktoren experimentiert, später mit einem Algenbecken in Form eines lichtdurchlässigen Plastikschlauches. Man dachte damals jedoch noch nicht and einen Einsatz als Biotreibstoff sondern an die Produktion eines günstig herzustellenden Viehfutters.

Auch die Geschichte der katalytischen Wasserspaltung scheint in diesem Jahr zu beginnen: Prof. Lawrence J. Heidt nutzt am MIT erstmals Cerium-Salze um mittels Sonnenlicht Wasserstoff herzustellen. Dies geschieht, weil die Ionen des Salzes unter dem Einfluß von Licht zwischen zwei Formen hin und her springen. Gleichzeitig präsentiert das MIT ein erstes Solarhaus.

Solarhaus am MIT

MIT Solarhaus

Ab November 1955 bietet das US-Unternehmen Hoffman Electronics Semiconductor Division die ersten kommerziellen Photozellen an, die allerdings nur einen Wirkungsgrad von 2 % haben. Eine 14 mW-Zelle kostet 25 $, was einem Watt-Preis von 1.785 $ (entsprechend dem Dollarwert 1955 !) entspricht. In Israel beginnt man damit, die Warmwasserversorgung von Haushalten durch Sonnenkollektoren zu sichern, und nur fünf Jahre später gibt es schon rund 150.000 damit ausgerüstete Haushalte; auch um die solare Raumheizung kümmert man sich schon früh.

Ebenfalls 1955 findet in Phoenix das First World Symposium on Solar Energy, sowie an der University of Arizona, Tucson, eine International Conference on Solar Energy statt.

In der damaligen UdSSR wird 1956 mit einer solaren Ammoniak-Maschine täglich eine halbe Tonne Eis produziert, weitere Versuchsanlagen werden in der Wüste Armeniens installiert. Dort scheint auch das Prinzip des Solar-Turmes erstmals umgesetzt worden zu sein.

1957 erreichen die Solarzellen der Firma Hoffman Electronics einen Wirkungsgrad von 8 %.

Am 17. März 1958 startet mit der Vanguard I ein Satellit der Navy, der erstmals mit den neuen Photozellen ausgerüstet ist. Dieses System von 0,1 W Leistung und 100 cm2 Fläche betreibt einen 5 mW Reserve-Sender und funktioniert 8 Jahre lang. Die Kosten belaufen sich auf umgerechnet 2.000 $ pro Watt. Daß der Satellit überhaupt mit Photozellen ausgerüstet wird ist Dr. Hans Ziegler zu verdanken, der Ende der 1950er Jahre als der führende Satellitenexperte galt und einen regelrechten ‚Kreuzzug’ gegen den Einsatz von nur befristet funktionierenden Batterien und für Solarzellen führte.

Mit der Einführung der Solarzelle in den USA beginnt ein neues Kapitel der Solarenergie. Die direkte Umwandlung von Sonnenstrahlen in Strom eröffnet nicht nur der Raumfahrt viele neue Möglichkeiten.

Ebenfalls 1958 beginnt man in Israel mit der Erforschung nicht-konvektiver Solarteiche, für deren Nutzung eine durch organische Dämpfe betriebene Turbine entwickelt wird. 1960 entwickelt Harry Tabor am Nationalen Physikalischen Labor einen Solarmotor, der mit Monochlorbenzin bei einer Temperatur von 150°C betrieben wird.

1960 erreichen die Solarzellen der Firma Hoffman Electronics bereits einen Wirkungsgrad von 14 %. Das Unternehmen Silicon Sensors Inc. aus Dogeville beginnt mit der Produktion von Selen-Zellen. Und im Juni wird das erste solarbetriebene Funkgespräch zwischen Ost- und Westküste der USA geführt – allerdings sind auf beiden Seiten auch jeweils 7.800 Solarzellen ‚im Einsatz’.

1961 veranstaltet die UNO die in Rom erste Konferenz zum Thema Solarenergie in Entwicklungsländern, und das Institute for Defense Analysis (IDA) in Washington DC die 1st PV Specialists Conference. Im gleichen Jahr promovierte ein Doktorand von Prof. Ernst Schmidt an der Technischen Hochschule München mit dem Thema ‚Möglichkeiten der Ausnützung der Sonnenenergie für Münchner Verhältnisse’.

Natick Laboratory

1962 errichtet das Natick Laboratory einen Solarofen, um damit an Schweinen Verbrennungsversuche durchzuführen, mit deren Ergebnissen Soldaten geschützt werden sollen. Der Ofen wird in White Sands, New Mexico, errichtet, da es dort keinen Tierschutzbestimmungen gibt. Die Anlage kostet 230.000 $ und erreicht Temperaturen über 6.500°C.

1963 hat die japanische Sharp Corporation Erfolg bei der Produktion praktischer Siliziumzellen-Module. In Japan wird eine 242 W PV-Anlage installiert, sie ist zu diesem Zeitpunkt die weltweit größte Solarzellenanlage.

In Colorado wird 1963 das bereits dritte Solarhaus gebaut.

Ein 1966 gestarteter Satellit – ein astronomisches Observatorium – besitzt schon ‚Solarpaddel’ mit einer Leistung von 1 kW. Im gleichen Jahr wird im australischen Coober Pedy eine solare Wasserentsalzungsanlage mit einer Kapazität von 11 t Trinkwasser pro Tag errichtet. Und das amerikanische Verteidigungsministerium befaßt sich mit Hermann Oberths Idee von Spiegeln im Weltall – allerdings aus sehr viel anderen Motiven: Man will damit nämlich den nächtlichen vietnamesischen Dschungel erhellen.

Ansonsten ist es in den 60er Jahren merkwürdig still um die Solartechnik, aus dieser Zeit finden sich kaum neue Entwicklungen oder Umsetzungen. Einzig signifikant sind die Bilder unseres Blauen Planeten, die 1968 zum ersten mal eine breite Öffentlichkeit erreichten – und das Bewusstsein der Menschen auch nachhaltig beeinflußten.

In den frühen 1970er Jahren gelingt es Dr. Elliot Berman mit finanzieller Unterstützung der Exxon Corp., eine preisgünstigere Solarzelle mit weniger reinem Silizium zu entwickeln, womit der den Preis von 100 $ pro installiertem Watt auf 20 $ senken kann.

In die 1970er fällt auch die ‚Sage’ des innovativen Leutnants der US-Küstenwache Lloyd Lomer, der sich über seine unverständigen direkten Vorgesetzten hinwegsetzte um die Behörden davon zu überzeugen, daß die Bojen mit Solarzellen ausgerüstet werden sollten, um die immensen Kosten für die andauende Wartung und den Austausch der bis dahin genutzten nicht wiederaufladbaren Batterien einzusparen – und später von Präsident Ronald Reagan dafür sehr gelobt wurde. Es sei Lomer zu verdanken, daß die neue Technologie inzwischen weltweit bei Bojen und Leuchttürmen zum Einsatz gekommen ist. Eine weitere ‚Sage’ ist die von Vater Verspieren, einem französischen Priester, der sich im Auftrag der Regierung Malis mit den Grundwasserreserven des trockenen afrikanischen Landes beschäftigt. Er besichtigt in Korsika eine solarbetriebene Wasserpumpe, die von dem graduierten Studenten Dominique Campana in den 70ern in Paris entwickelt, und anschließend von dem französischen Wissenschaftler Jean Roger praktisch umgesetzt worden war. Verspieren startet daraufhin Ende der 1970er ein sehr erfolgreiches Programm zum solaren Wasserpumpen, dem zu verdanken ist, daß die Idee inzwischen weltweit bekannt ist.

Unter dem Namen ‚Solar One’ baut die University of Delaware 1973 eines der ersten mit Solarzellen ausgerüsteten Wohnhäuser, wobei hier sogar schon eine PV/Thermische-Hybridanlage zum Einsatz kommt, bei der die Zellen luftgekühlt werden, und die entstandene Warmluft zum heizen genutzt wird.

Im Zuge der sogenannten Energie- bzw. Ölkrise von 1973 ändert sich die Situation zunehmend in Richtung auf eine neue Akzeptanz gegenüber der Solarenergie (und den erneuerbaren ganz allgemein).

Schon 1973 beruft die UNESCO in Paris eine Konferenz unter dem Titel Solarenergie im Dienste der Menschen ein, und 1974 wird – als Teil der OECD, der Europäischen Vereinigung für Wirtschaftliche Zusammenarbeit – die International Energy Agency (IEA) gegründet, worauf es zunehmend zu weit angelegter internationaler Zusammenarbeit auf dem Sektor der Solarenergie kommt.

Es ist allerdings charakteristisch für den Umgang mit erneuerbaren Energien im allgemeinen und mit der Solartechnik im speziellen, was Prof. Helmut Tributsch in einer SFB-Sendung im November 1990 darüber berichtet hat:

„Tatsache ist, daß die Entwicklungsmöglichkeiten der Solartechnologie trotz Energiekrisen und sehr positiver Aufnahme durch die Öffentlichkeit im ausgehenden 20. Jahrhundert immer sehr pessimistisch eingeschätzt worden ist. Ein typisches Beispiel ist eine Energiestudie über die Möglichkeiten der Solarenergie, welche die Bundesrepublik Deutschland nach der ersten Energiekrise im Jahr 1974 in Auftrag gegeben hat. Sie kam zu dem Ergebnis, daß der Beitrag der Solarenergie zum gesamten Energieaufkommen im Jahre 200 nicht größer sein würde als 2 – 3 Prozent. Die Politiker sahen demzufolge kaum ein Anlaß, viel Geld in die alternativen Energietechnologien zu investieren.

Diese Studie ist psychologisch bemerkenswert: Hier wurde zwei Jahrzehnte in die Zukunft eine technologische Vorhersage gemacht, ohne daß das Potential von Forschung und Entwicklung überhaupt einkalkuliert war.“

In Rex, Georgia, geht 1974 der erste solarbetriebene Schienenübergang in Betrieb. Und auf dem Dach des Showgebäudes ‚Universe of Energy’ (in Disney World) wird eine 13.000 m² große Solarfläche installiert, zu dieser (und für sehr lange) Zeit der größte private Sonnenkollektor der Welt, der alle Heizungsanlagen, Warmwasserbehälter und Kühlaggregate von EPCOT betreibt (Experimental Prototype Community of Tomorrow).

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