Augmentorsysteme

Augmentor-Systeme

Diese Systeme beruhen auf der Erkenntnis, daß durch besondere aerodynamische Konstruktionen die Anströmgeschwindigkeit des Windes erhöht werden kann. Zwar erhöht sich dadurch die sonst relativ geringe Energiedichte des Windes, dies bisher jedoch nur auf Kosten einer meist aufwendigen Ummantelung der normalerweise frei laufenden Turbine. Es sind verschiedene Umsetzungen vorgeschlagen worden, die hier im Einzelnen dargestellt werden.

Eine ganz besonders eigene und etwas seltsame Beschreibung eines Aufwindkraftwerke findet sich auch in dem kuriosen Roman von Haruki Murakami ‚Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt’. Dort steigt regelmäßig alle drei Tage ein starker Wind aus den Tiefen der Erde hinauf und treibt dabei den Generator an, der die Stadt mit Strom versorgt.

Tornadoturm

Bei dieser, von J. T. Yen bei Grumman Aerospace Corp./USA entwickelten Anlage wird der Wind durch einzelne geöffnete vertikale Schlitze in eine oben und unten offene Turmkonstruktion geleitet, um sich dort zu einem Wirbel zu verdichten. Da die Leistung eines Windrades nicht nur von der kinetischen Energie des Windes, sondern auch von der Druckdifferenz vor und hinter den Flügeln abhängt, wird im Tornadoturm-Konzept besonders vorteilhaft der Unterdruck im Kern des Wirbels gegenüber der von unten an die Turbine anströmenden Außenluft ausgenutzt. Ein 60 m hoher Turm von 20 m Durchmesser soll eine Leistung von 1 MW erbringen können. Mit einer 2-Meter-Turbine sollen sich sogar 2 MW erreichen lassen, was einem konventionellen Rotor von 65 m Durchmesser entspricht (!).

Im Jahr 1982 wurde vom Physikalischen Institut Würzburg eine Untersuchung des Tornadoturms veröffentlicht, die im Tagungsbericht des 4. Internationalen Sonnenforums in Berlin erschienen ist. Es wurden Windkanaltests an Modellen mit spiralförmigem Querschnitt, logarithmischer Spirale und variablem Höhen/Durchmesser-Verhältnis durchgeführt. Prof. Rechenberg von der TU-Berlin (Erfinder des Windkonzentrators, s.d.) erläuterte während einem Vortrag im Jahr 1984, daß die Wirbelbildung im Tornadoturm durch die Innenreibung nicht ausreichend verstärkt werden könne, um die theoretisch 20 bis 30fache Windgeschwindigkeitsverstärkung zu erreichen.

Ich werde im nachfolgenden Teil D noch einmal auf dieses System zurückkommen, wenn wir uns mit der Energie von Wirbeln beschäftigen.

Windhamster

Der ‚Windhamster’, eine Entwicklung der beiden Berliner Ingenieure Jürgen und Olaf Schatz, ist ein zylinderförmiges, eineinhalb Meter hohes und einen Meter breites Gerät, dessen Außenwand aus beweglichen Lamellen besteht und eine sehr große Ähnlichkeit mit dem Tornadoturm von Yen aufweist. Auch hier sind die Lamellen so angeordnet, daß der Wind zwar in das Hamster-Innere vordringen, aber nicht wieder hinaus kann. Dort soll er zu rotieren anfangen und sich zu Wirbelfäden aufwinden, die wiederum zu einer ganzen Wirbelspule aufgewickelt werden. So entsteht eine Wirbelströmung wie bei einem Hurrikan, in dessen Zentrum eine speziell konstruierte Turbine mit zugehörigem Generator den ‚Orkan in der Dose’ in elektrische Energie umformt, während die Strömung nach oben abfließt. Da die Winde nicht direkt genutzt werden, sondern erst nach mehrmaliger Verwirbelung, tritt eine Verstetigung der Rotationsgeschwindigkeit ein. Weitere technische Vorteile sind, daß der Windhamster kein Getriebe benötigt und auch die komplizierte Steuerung von Propellerflügeln entfällt.

Windhamster Grafik

Windhamster

Die Erfinder erklären: „Die Parallelströmung ‚Wind’ wird in eine stationäre Wirbelströmung umgewandelt. Dieser wird durch eingelagerte Geschwindigkeitskonzentrationen durch Induktion nach dem Biot-Savardschen-Gesetz eine höhere Umfangsgeschwindigkeit verliehen. Damit werden größere Masseströme realisierbar.“ Der entscheidende Fakt dabei ist, daß der Wirbelwind im Zylinder durch das ‚heraus-bremsen’ an der mittigen Turbine nicht verzögert wird, sondern im Gegenteil sogar erkennbar beschleunigt. Man muß in solchen Systeme die Masse nur mittig heraus nehmen – und die äußeren Massen stürzen beschleunigt nach innen, wobei die Molekulargeschwindigkeit als wesentliche Komponente zur Strömung insgesamt beiträgt (die molekulare Bewegung der Luft ist dreifach schneller als die Orkangeschwindigkeit). Die Idee kam den Erfindern übrigens, als sie sich mit der Entwicklung eines neuartigen Filtersystems für Schornsteine befaßten, das mit Luftwirbeln arbeitet. In ihren Darlegungen beziehen sie sich u.a. auch auf die theoretischen Grundlagen des Ersatz-Strömungsfeldes für zyklonische Staubabscheider nach Barth/Muschelknautz.

Im Sommer 1993 gewinnt Jürgen Schatz die Teilnehmer der Beratungskonferenz der Deutschen Stiftung Umwelt für seine Idee. Außerdem erwirkt das Umweltministerium bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg ein zinsloses Darlehen, um dem Erfinderteam ein zeitweiliges Arbeitseinkommen zu sichern, die Messeplatzierungen zu finanzieren und die Prüfung des Windhamster vornehmen zu können.

Mit Unterstützung der ‚Fördergesellschaft Erneuerbare Energien’ und einer Yachtwerft, die durch ihre innovative Ausrichtung prädestiniert war und mit großem Engagement bereits vorher tätig geworden war, entsteht ein durchsichtiges Funktionsmodell von ca. 130 cm Höhe und 90 cm Durchmesser, das im  November 1993 an der TU Berlin in den Windkanal gestellt  und gemessen wird.

Im Ergebnispapier heißt es: „Grundsätzlich ähnelt (der Windhamster) historischen Windenergie-Vertikalläufern, und unterliegt damit auch den prinzipiellen Nachteilen von Widerstandsläufern im Vergleich zu Auftriebs-Windenergie-Konvertern. Allerdings wird in dem vorliegenden Konzept eine Energiekonzentration durch gezielte Wirbelbildung innerhalb des Konverters angestrebt, so daß ein höherer Wirkungsgrad von den Konzeptträgern postuliert wird.“

Im Detail: Die Windgeschwindigkeiten der Meßstrecke wurden von 0 auf 14 m/s hochgefahren, an den Generator war ein Potentiometer als Ohmsche Last angeschlossen. Bei 7 m/s lief der Windhamster an, die Rotordrehzahl erhöhte sich annähernd linear bei steigender Windgeschwindigkeit auf maximal U = 187. Die Meßleistung auf diesem Höhepunkt lag bei P = 17,04 W. Bei 14 m/s liegt die theoretische Strahlleistung bei 1000 W, statt der zu erwartenden Leistungsminderung auf 40 % erreichte der Windhamster jedoch nur knapp 2 %! Damit war die prinzipielle Wirkungsweise des Windhamsters nachgewiesen, der Wirkungsgrad jedoch lag jenseits von Gut und Böse. Trotzdem wird der Entwicklung auf der 42. Weltmesse für Erfindung, Forschung und industrielle Innovation (EUREKA) in Brüssel 1993 eine Goldmedaille verliehen.

Im Januar 1994 läuft in der TU Dresden die zweite Versuchsreihe an. Die Yachtwerft hatte das Funktionsmuster aufgerüstet, das Verstärkermodul stand bereit, und auf Wunsch der Erfinder waren noch mehrere Kamine als Aufsätze gefertigt worden. Im Verlaufe von fünf Tagen wurden sämtliche Varianten durchprobiert. Doch die Ergebnisse der Berliner Windkanalversuche bestätigten sich und die Verstärkermodule bewirken keinerlei Leistungssteigerung. Bei einer Anströmgeschwindigkeit von 15,5 m/s wird eine Drehzahl von 250 U/min und eine elektrische Leistung von 18,3 W erreicht. Damit liegt der Wirkungsgrad nur unwesentlich über den Berliner Ergebnissen und schießt eine wirtschaftliche Verwertung endgültig aus.

Im Gutachten heißt es weiter, daß „die Strömungsbeobachtungen mit Paraffinölnebel keine Hinweise auf Strukturen von Wirbelspulen im Rotornachlauf oder auf Effekte der Windenergiekonzentration (erbrachten).“

Trotzdem wird der Windhamster 1994 auf der Hannovermesse ausgestellt, und nach einer Testanlage mit 0,3 kW in Großopitz bei Tharandt/Sachsen wird am 06.10.1994 das erste ‚funktionsfähige Modell’ auf dem Dach des Technologiezentrums Glaubitz/Sachsen installiert, das 2,5 kW Nennleistung erbringen soll. Man redet davon, daß die Serienproduktion 1996 starten sollt.

Ein Grund für den geringen Wirkungsgrad liegt in der größtenteils am Zylinder vorbeiströmenden Luft, denn nur 15 % der auf den Stirnflächenquerschnitt zuströmenden Luft gelangen überhaupt in den Windhamster. Ein weiterer Grund für die Ineffektivität besteht meiner Meinung nach darin, daß sich der Hamster selbst nicht bewegt. Wenn er ebenfalls rotieren würde, dann kämen mehrere andere – und möglicherweise auch additiv wirkende – Effekte zum Tragen. Er würde dann auch schon sehr der Messias-Maschine ähneln, über die ich im Teil D ausführlich berichte.

Aufwindkraftwerk

Grafik des Aufwindkaftwerks von Dubos

Dubos-Aufwindkraftwerk

Diese Technologie wird schon im Jahr 1929 von dem Französischen Meteorologen Bernard Dubos erfunden und patentiert, der mit ihrer Hilfe senkrecht aufsteigende, wirbelsturmähnliche Luftströmungen erzeugen will. Etwa sechs Jahre später schlägt Dubos außerdem vor, mit Hilfe riesiger Dampf-Schornsteine Regen zu erzeugen. Die Aufwind-Technologie scheint jedoch nicht realisiert worden zu sein, obwohl es Dubos sogar gelang, die damals als nicht gerade fortschritlich geltende Pariser Akademie dafür zu begeistern.

Dubos legte den Plan vor, an den Steilabstürzen der Atlas-Kette und dem Hoggar-Gebirge in Nordafrika 1.000 – 1.500 m hohe Steigrohre aus 10 m durchmessendem, wärmeisolierenden Leichtbeton zu installieren, durch welche die mittels Glasdächern stark erhitzte Luft nach oben steigt und dabei in ihrem Inneren die Schaufeln von Windturbinen antreibt. Der erzeugte Strom sollte die lokale Infrastruktur stärken sowie an das europäische Stromnetz geliefert werden.

In Deutschland wird das Prinzip dieser Aufwindkraftwerke erstmals durch das 1931 erscheinende Büchlein von Hanns Günther In hundert Jahren bekannt. Der Autor berichtet außerdem über eine Entwicklung des Lufttechnischen Instituts in Saint-Tyr, wo man erfolgreich an kleineren Anlagen arbeiten würde, die sich auch für den europäischen Raum eignen.

Grafik von Windtürmen

Windtürme

Dort nutzt man nämich die Erfahrungen, die bei der Entwicklung leistungsfähiger, ausschließlich mit natürlicher Windenergie arbeitender Ventilationssysteme zur Entlüftung von Wohn- und Arbeitsräumen gewonnen wurden.

Die Konstruktion als zylindrischer Schornstein aus Eisenblech kommt dem Jahrzehnte später tatsächlich gebauten Aufwindkraftwerk in Menzares schon recht nahe (s.u.), doch bei dem Windturm ist das obere Ende zusätzlich von einem kurzen Zylinder umringt, der den Luftaustritt und damit auch den Sog erleichtert und verstärkt. Diese Windtürme sollen bei ihrer Erprobung einen Wirkungsgrad von nahezu 100 % erreicht haben.

In dem US-Magazin Modern Mechanics und Invention vom Dezember 1930 ist auch eine Art ‘liegendes’ Aufwindkraftwerk dargestellt, bei dem es sich um eine deutsche Erfindung gehandelt haben soll. Leider habe ich dazu keine weiteren Informationen finden können – ich glaube jedoch nicht, daß eine derartige Konstruktion einen effektiven Betrieb gerantiert hätte.

Bei dem atmosphärenthermischen Aufwindkraftwerk, das auch ‚Thermikkraftwerk’ oder ‚Sonnenkamin’ genannt wird (und deshalb oftmals dem Bereich ‚Sonnenenergie’ zugeordnet wird), werden drei physikalische Prinzipien miteinander kombiniert: der Treibhauseffekt, der Kaminzug und der Windantrieb. Die einfallende Sonnenstrahlung erwärmt die Luft unter einem mit Glas oder Folie gedeckten Kollektordach, das sich kreisförmig um den in der Mitte stehenden Kamin ausbreitet. Die um 10 bis 20 Grad (andere Quellen sprechen von 15 bis 30 Grad) zusätzlich erwärmte Luft strömt zum Kamin und steigt auf. Verantwortlich dafür ist die Temperaturdifferenz zwischen der Außenluft und der Luft unter dem Dach.

Solche Aufwindkraftwerke benötigen sehr große Flächen. Sie eignen sich deshalb besonders für Wüsten und ähnliches sonnenreiches Ödland. Ihr Wirkungsgrad erhöht sich mit der Höhe des Kamins, und zwar nicht geradlinig, sondern überproportional. Mit der Höhe des Kamins steigt nämlich die Temperatur- und Druckdifferenz zur Treibhausluft am Boden. Daraus resultiert wiederum ein zunehmendes Druckgefälle im Kamin, wodurch die erwärmte Luft angesaugt und in kinetische Energie, den Aufwind verwandelt wird. Windturbinen am unteren Ende des Kamins wandeln diesen Aufwind in elektrische Energie um. Doch trotz der frühen Beschäftung mit dieser Technik sind die theoretischen Grundlagen dafür erst im Jahr 2000 durch T. von Backstrom and A. Cannon erarbeitet und veröffentlicht worden.

Die neueren Forschungen an Aufwindkraftwerken wurden in der Bundesrepublik Deutschland von dem Stuttgarter Prof. Jörg Schlaich, Mitglied der Ingenieursgemeinschaft Leonhardt & Andrä und Dozent an der TU Stuttgart, initiiert und vom BMFT unterstützt. Trotzdem hielt sich die öffentliche Unterstützung in Grenzen, da es sich im Grunde um eine ‚Low-Tech’-Anlage handelt, die in Ländern der 3. Welt weitgehend mit lokalen Materialien und Arbeitskräften erstellt werden könnte. Ein Großteil der traditionellen Zulieferer von Kraftwerkskomponenten würde dabei leer ausgehen…

 

Aufwindkraftwerk Menzares

Aufwindkraftwerk
Menzares

Nachdem das BMFT die Vorstudie bereits mit 200.000 DM unterstützt hatte, wurden anschließend rund 5 Mio. DM für die erste Pilotanlage bereitgestellt. Bereits 1980 entstand eine 100-kW-Versuchsanlage mit 200 m Höhe, 10 m Durchmesser und einem 45.000 Quadratmeter großen Glasdach (d.h. 250 m Durchmesser – Höhe 1,85 cm, zum Mitte hin zunehmend) im spanischen Manzanares, etwa 150 km südlich von Madrid, die am 07.06.1982 ihren Betrieb aufnahm. Der Wirkungsgrad wurde mit 1 – 2 % angegeben, die innenliegende vierflügelige Windturbine hatte einen Durchmesser von 10 m und der heiße Wind erreichte die Stärke 6 (12 m/s).

Die Anlage funktionierte bis 1989 zufriedenstellend und zeigte eine hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit, obwohl der Wirkungsgrad als ‚lausig’ bezeichnet wurde. Doch auch die Vorteile des Systems wurden deutlich: Die thermodynamische Trägheit des Aufwindkraftwerks und die Nutzung der Globalstrahlung ermöglichen einen kontinuierlichen Betrieb über den Tag und puffern selbst abrupte Angebotsschwankungen gut ab; auch bei bewölktem Himmel konnte die Anlage bei verminderter Leistung durchgehend betrieben werden. Weil der Kollektorboden wie ein natürlicher Energiespeicher arbeitet, liefert das Kraftwerk bei Dunkelheit immerhin zwischen 5 und 15 % des Stroms. Der Boden ist mit der Zeit jedoch so hell geworden, daß eine Bitumenschicht aufgespritzt werden musste. 1987 wurde daraufhin mit einer tiefschwarzen Folie experimentiert, die eine Temperaturerhöhung um etwa 7 Grad erbrachte, was eine Steigerung der Stromausbeute um etwa 30 % bedeutete. Insgesamt erzielte die Anlage eine Durchschnittsleistung von rund 54 kW.

Bei einem Orkan im Februar 1989 stürzte die inzwischen von Rost geschwächte Kaminröhre jedoch um und beendete den Versuchsbetrieb. Allerdings war diese Versuchsanlage ursprünglich nur für einen zwei- bis dreijährigen Testbetrieb ausgelegt worden und hatte somit schon längst ihre Schuldigkeit getan. Das BMFT hatte rund 10 Mio. DM (andere Quellen sprechen von 16 Mio.) in diesen Versuch gesteckt, eine ergänzende Finanzierung, die das Projekt auf halber Streckte rettete, erfolgte durch die spanische ‚Union Electrica’.

Kurze Zeit später meldete Libyen Interesse an einer Zusammenarbeit, wurde jedoch von den Bonner Beamten, die eine 50% betragende Mitfinanzierung versprachen, als ‘nicht adäquater Partner’ abgelehnt (?!). Schlaich präsentierte seinerseits Planungen für ein 200-MW Großkraftwerk, das einen Kollektordurchmesser von 5 km und einen Kamin von 1.000 m Höhe und einem Durchmesser von 180 m haben soll. Die Gesamtkosten wurden auf 1,34 Milliarden DM geschätzt.

1997 ging die Information durch die Presse, daß dieses 200-MW Kraftwerk in der Wüste des indischen Bundesstaates Rajastan gebaut werden soll, allerdings mit einem 6 bis 7 km durchmessenden Dach. Um den Nachtbetrieb zu optimieren, sollen mit Wasserbefüllte Matten oder Schläuche tagsüber die Sonnenenergie speichern und in den Nachtstunden wieder abgeben. Der Auftrag ging an den Unternehmer Daya Senanayake aus Sri Lanka (Ceylinco Group), der bis 1999 mit dem Bau beginnen wollte. Problematisch galt allerdings die Beschaffung des notwendigen Kredits von rund 1,3 Milliarden DM.

Auch die EXPO 2000 sollte ein 5-MW Aufwindkraftwerk der Firma Enercon erhalten, das mit 100 bis 200 m Höhe auch als Wahrzeichen dienen sollte – leider fiel dieses Projekt späteren Sparmaßnahmen zum Opfer.

Planungen für Saudi-Arabien scheinen nie über das Stadium unverbindlicher Gespräche hinausgekommen zu sein. Dort sollte es um 10 bis 100 MW-Anlagen gehen, mit Abdeckungen von mehreren Quadratkilometern und Turmhöhen von 600 bis 800 m. Die Rotoren würden bei dieser Baugröße Durchmesser bis zu 100 m haben. Verhandlungen in Ghana und Mexiko scheiterten ebenfalls.

Größere Chancen werden Ned’s Corner Station im Norden von Australiens Bundesstaat Victoria und etwa 65 Kilometer westlich des Städtchens Mildura eingeräumt, etwa 800 km nördlich von Melbourne, wo als erstes kommerzielles Aufwindkraftwerk der Welt Australiens Bilanz in Sachen Klimaschutz aufbessern soll. Die Firma EnviroMission Ltd. in Melbourne – Lizenznehmer der Stuttgarter Firma Schlaich Bergermann und Partner – will dort ab 2008 mittels 32 Turbinen mit einer Leistung von insgesamt 200 MW elektrischen Strom produzieren, der die Stromversorgung von 200.000 Haushalten sichern soll.

Aufwindkraftwerk Mildura Grafik

Aufwindkraftwerk Mildura
(Grafik)

Bei der Mildura-Anlage mit Stahlbetonturmröhre und Stahl/Glas-Luftsolarkollektor (alternativ mit Kunststoffeindeckung) wird es sich um den weltweit höchsten Ingenieurbau handeln. Statt einer großen Windturbine im Schacht selbst sollen hier 32 Rotoren mit jeweils 6,25 MW Leistung ringförmig um den Kamin installiert werden. Rund 30 Quadratkilometer Glas oder transparentes Plastik und 400.000 Kubikmeter Beton muss die Firma verbauen, um den 1.000 m hohen und 130 m durchmessenden Schlot (damit wäre dieses gigantische Bauwerk das höchste auf unseres Planeten) sowie die dazugehörige Dachkonstruktion – Durchmesser 6 bis 7 Kilometer – zu errichten. Die Anlage wird damit eine Grundfläche von bis zu 38 km² bedecken. Durch Auslegen von geschlossenen Wasserschläuchen unter dem Kollektordach wird ein kontinuierlicher 24-Stunden-Betrieb garantiert. Die Wasserschläuche geben die tagsüber gespeicherte Wärme in der Nacht wieder ab.

Auf bis zu 35 Grad über Umgebungstemperatur soll die Luft unter dem leicht zur Mitte ansteigenden Treibhausdach von der einstrahlenden Sonne aufgeheizt werden und mit bis zu 55 Stundenkilometern (Windstärke 7) im Kamin nach oben jagen. Beim Lufteintritt dort wird mit 70°C gerechnet. Nach 15 Jahren Amortisations-Laufzeit könnte das auf 80 Betriebsjahre ausgelegte Projekt zur Goldgrube für die Investoren werden. Zusätzlich erhofft sich das Unternehmen Einnahmen aus dem Tourismus und will die äußeren 500 Meter unter dem Treibhausdach an Gemüsebauern verpachten. EnviroMission schätzt die Kosten für das geplante Kraftwerk auf rund 400 Millionen Euro.

2004 wurde am Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT) ein animierter Clip über das Mildura-Projekt hergestellt, den man sich unbedingt einmal anschauen sollte!

Der australische Sydney Morning Herald meldet im Dezember 2005 allerdings, daß die Planungen inzwischen modifiziert wurden und der Turm statt 1.000 m nur noch 400 m hoch werden soll. Damit sollen die Kosten auf 250 Mio. $ gesenkt werden. Im Oktober 2006 verlautet dann, daß nun Anfang 2007 Baubeginn in Tapio Station, dem neuen Errichtungsort, sein soll.

Vorstellungen gibt es dagegen sogar für 1.000 MW Anlagen. Diese bräuchten dann Türme von mindestens 900 m Höhe bei einem Turmdurchmesser von 100 m, wobei der Durchmesser der Kollektorfläche etwa 10 km betragen würde.

Doch auch diese Technologie scheint sich noch optimieren zu lassen: Der kanadische Ingenieur Louis Michaud testet Ende 2005 im US-Bundesstaat Utah den Prototypen eines künstlichen Wirbelsturms. Das Grundprinzip ähnelt sein System einem Aufwindkraftwerk, doch bei Michauds Anlage wird die warme Luft am Boden eines zylinderförmigen Gebäudes zusätzlich verwirbelt – wodurch ein künstlicher Sturm entsteht. Dabei entwickelt sich eine weit größere Kraft als beim Thermikkraftwerk. Während der erste künstliche Tornado erst in einem Zylinder von 10 m Durchmesser entstanden ist soll in einem künftigen Kraftwerk ein mächtiger Sturm in einem Kamin mit 200 n Durchmesser toben.

Eine weitere Variante der Aufwindkraftwerke bildet der meerbasierte ‚MegaPower’-Turm, der von der niederländischen Energie- und Umweltbehörde Novem untersucht wurde. Ich stelle ihn ausführlich unter den Meereskraftwerken vor (s.u. Temperaturgradient).

Die Ingenieure Peter-Michael Rietbrock aus Köln, und Hasan Oezbey vom Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR e.V., erhielten im Jahre 2002 den Kölner Innovationspreis für eine Weiterentwicklung des konventionellen Aufwindkraftwerkes, die im Grunde eine Kombination dieser Technologie mit dem Tornadoturm nach Yen darstellt.

Modell des Wirbel-Strömungs-Kraftwerk

Wirbel-Strömungs-Kraftwerk

In ihrem ‚Wirbel-Strömungs-Kraftwerk’, von dem ein Prinzipmuster mit einem Durchmesser von 3 m existiert, wird durch Solarenergie und Wärme ein Luftwirbel erzeugt. Auch hier wird die Sonnenenergie wird durch die transparente Glas-/Folienkonstruktion auf eine Absorberfläche gebracht und erwärmt diese. Das Aufsteigen der erwärmten Luft führt in der kaminartigen, hyperbolischen Form der Konstruktion jedoch zu einem tornadoähnlichen Effekt.

Der durch den Luftaufstieg entstehende Unterdruck sorgt an der Basis der Konstruktion für ein Ansaugen von Außenluft, die durch eine Vielzahl von beweglichen, flügelartigen Windleittoren hineinströmt. Diese sorgen vor allem dafür, dass die einströmenden Luftmassen tangential in das Rondell gesaugt werden und schon beim Eintreten in den Trichter die für die Gesamtwirkungsweise der Konstruktion optimale Strömungsrichtung aufweisen. Durch die sich schnell drehenden Luftmassen wird ein Radialrotor angetrieben, der mit dem Generator an der Turmspitze verbunden ist.

Eine weitere interessante Alternative geht auf Christos Papageorgiou zurück, der den Turm nicht aus Metallrohren oder gar Stahlbeton, sondern aus beweglichen ‚Leichter-als-Luft’-Strukturen gestalten möchte – daher der Name ‚Floating Solar Chimney’, der sich später zu ‚Solar Aero-Electric Power Plant’ (SAEPP) wandelt. Der Kamin ist von heliumbefüllten Ringen umgeben, die ihm den Auftrieb verschaffen. Eine 100 MW Anlage in dieser Technologie soll nur 35 – 70 Mio. € kosten, bei einem sich mit dem Wind neigenden Kamin von 2 – 3 km Höhe und 50 – 85 m Durchmesser. Der umgebende Kollektor hätte einen Durchmesser von ebenfalls 2 – 3 km.

Noch eine Variante des solaren Aufwindkraftwerks in Pyramidenform stammt von der 1983 gegründeten MSC Power Ltd. aus Singapur, die sich seit 1997 auch mit erneuerbarer Energie beschäftigt. Die mit Solarpaneelen verstärkte multifunktionale Anlage soll gleichzeitig Wasser entsalzen, scheint 2006 aber noch nicht weiter als eine Computeranimation zu sein.

Hurricane Tower

Hurricane Tower

Ein weiteres System mit einer gewissen Ähnlichkeit ist der 1998 patentierte ‚Hurricane Tower’ des Marine-Ingenieurs John Pina Craven, dessen erster 10 m hoher Prototyp 2005 in seinem Natural Energy Labor auf der Hawaii-Insel Kona steht. Hier soll der künstlich erzeugte Miniatur-Wirbelsturm allerdings nicht der Energieerzeugung dienen – sondern Meerwasser entsalzen. Craven, früher für das streng geheime U-Boot-Projekt Polaris verantwortlich gewesen, ist auch maßgeblich am OTEC (Ocean Thermal Energy Conversion) Projekt bei Keahole Point auf Kona beteiligt, das seit 1982 läuft (s.u. Wasserenergie, Thermalgradient).

Im Inneren des Polyethylen Rohres wird ein Wirbelsturm simuliert: Warmes Brack- oder Salzwasser strömt am Boden hinein, verdunstet und steigt – von einem Propeller beschleunigt – in zunächst kleinen Wirbeln auf, die sich zu einem großen Wirbeln vereinigen. Dieser triff dann oben auf einen Wärmetauschen, durch den sieben bis acht Grad kaltes Tiefenwasser zirkuliert, was die mit Wasserdampf gesättigte Luft zum Abregnen bring. Der entsalzte Niederschlag wird in einer Wanne aufgefangen. Diese Technik soll sehr wirtschaftlich sein – der Erfinder nennt Betriebskosten von nur wenigen Cent pro Kubikmeter Trinkwasser. Für eine größere Anlage auf der Insel Saipan in der Mariannen-Gruppe hätte das US-Energieministerium bereits Fördermittel von 1,5 Mio. $ zugesagt.

Tiefe Tagebaugruben wollen A. Di Bella von der Northeastern University und der Elektroingenieur Jonathan Gwiazda nutzen. Ihr zwischen 2001 und 2004 entwickeltes ‚power tube’ Projekt besteht aus der Integration eines Solarkonzentrators mit einem bzw. mehreren Aufwindkraftwerken. Doch statt kostenaufwendigen Hochbau zu betreiben, schlagen die Autoren in ihrem 2003 zum Patent angemeldeten Konzept vor, natürliche sowie menschengemachte geologische Gegebenheiten zu nutzen.

Um den Rand der riesigen Gruben sollen Heliostate aufgestellt werden, um den Wärmeeintrag noch zu steigern, dem zufolge in den schräg nach oben gerichteten Röhren starke Aufwärtsströmungen entstehen. Als weitere Wärmequellen werden die Geothermalenergie oder die Abwärme von Müllverbrennungsanlagen aufgezählt.

Abwindkraftwerk

Diese Idee geht ursprünglich auf einen amerikanischen Physiker und Lockheed-Mitarbeiter aus dem Jahr 1965 zurück (die Patentierung erfolgte Mitte der 70er Jahre) und wurde 1993 von dem israelische Ingenieur Dan Zaslavsky aufgegriffen. Am 9. Juni 1993 berichtete das Wall Street Journal von einer entsprechenden Anfrage beim israelischen Industrieministerium, 5 Mio. $ für Forschungen zur Verfügung zu stellen. Anschließend sollte eine 90-MW-Pilotanlage mit einem Turm von 1.000 m Höhe und 450 m Durchmesser für rund 25 Mio. $ die Modellrechnungen belegen.

Das Prinzip ist einfach: Am Kopf des Turmes versprühen Düsen etwas drei Kubikmeter Meerwasser pro Sekunde. Das Wasser verdunstet, dabei kühlt die Luft ab und strömt in den Schacht. Am Boden sollen die Fallwinde eine Geschwindigkeit von 80 km/h erreichen und Turbinen antreiben. Die Anlage würde 40 bis 80 Milliarden kWh Strom erzeugen. Allerdings ginge etwa ein Drittel dieser Leistung für den Betrieb der Pumpen verloren, mit denen das zur Verdunstung notwendige Meerwasser in die Höhe gefördert werden muß. Weitere Probleme wird das im Wasser gelöste Salz verursachen – man rechnet mit rund 300 t Salz pro Stunde, die mit riesigen Förderanlagen weggeschafft werden müssen.

Über tatsächliche Versuche zur Umsetzung dieser Idee ist mir bislang noch nichts bekannt.

Vortec-System

Eine Idee der US-Amerikanischen Ingenieure von Northrop Grumman Corp., denen in den 1970er Jahren bei Windkanalversuchen aufgefallen war, daß die Energieausbeute eines ummantelten Windrotors etwas sechsmal so hoch ist wie die eines herkömmlichen Windrades.

Vortec-Rotor

Vortec-Rotor

Der Grund: Durch die Ummantelung entsteht hinter dem Windrad ein Unterdruck, der die Geschwindigkeit des Luftstromes über den Rotorblättern verdoppelt, die an der engsten Stelle des Trichters angebracht sind. Um diesen Unterdruck erzeugen zu können, öffnet sich der Trichter nach hinten.

Mindestens fünfmal, und möglicherweise sogar 6- bis 8fach soviel Energie wie herkömmliche Windturbinen soll nun die Umsetzung der 1994 gegründeten Firma Vortec Energy Ltd. aus Auckland/Neuseeland produzieren. Entscheidend sind dabei die Rotorblätter aus drahtverstärkten Eisenzementfasern, die im Biegetest der dreifachen Belastung von Stahl standhielten. Auch der etwa 22 Tonnen schwere Trichter besteht aus hochdehnbarem Stahlfaserzement. Die Anlage ist auf einer Kreisschiene montiert und kann so in den Wind gedreht werden.

Am 13.05.1997 wurde eine 17 m hohe Demonstrationsanlage Vortec-7 in Waikaretu, etwa 100 km südlich von Auckland an der Westküste Neuseelands, in Betrieb genommen, die für eine Spitzenleistung von einem Megawatt ausgelegt war. Bei diesem Prototypen hatten der Rotor einen Durchmesser von 7 m, die Windeintrittsöffnung misst 8 m und die Austrittsöffnung 12 m. Am 09.06.1997 ging die Anlage ans Netz. Die Entwicklung wurde mit einer halben Million NZ-$ vom Neuseeländischen Wissenschaftsministerium unterstützt, die Gesamtkosten betrugen 5 Millionen NZ-$. Im Betrieb erwies sich auch, daß die Ummantelung eine weitere positive Wirkung hat: schon in 300 m Entfernung sei die Anlage nicht mehr hörbar gewesen. Durch die starke Verwirbelung des Windes an der Austrittsöffnung des Trichters ist es allerdings nicht möglich, die Anlagen nahe beieinander in Windparks aufzustellen.

Es bestehen Pläne für eine kommerzielle Anlage Vortec-20, deren Trichter etwa 120 t wiegen und welche folgende Maße haben soll: Rotordurchmesser 20 m, Eintrittsöffnung 24 m, Austrittsöffnung 36 m. Die Gesamthöhe wird 52 m betragen, die erwartete Leistung etwa 3,5 MW. Als Endpreis wurde ein Betrag zwischen 2,9 und 3,5 Mio. NZ-$ genannt.

Wind-Stauwerk

Laut einer Kurzmeldung der DPA vom. 22.11.1978 soll auch ein ‚Wind-Stauwerk’ entworfen worden sein, das nach einem ähnlichen Prinzip wie dem des Wasserstauwerks funktionieren soll. Nähere Angaben darüber konnte ich allerdings nicht finden.

Nach diesen zum Teil schon fast gigantischen Systemen zur Windkraftnutzung kommen wir abschließend zu neuartigen Designs und innovativen Rotorformen – sowie zu ungewöhnlichen Standorten wie den Offshore-Windparks, die zur Zeit überall am entstehen sind.

 

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