3. Welt System Solar I
Solarthermie für die 3.-Welt
Gerade die besonders rückständigen Länder der 3. Welt sind teilweise mit einer sehr starken Sonneneinstrahlung ‚gesegnet’, obwohl dies von ihnen oftmals gar nicht so empfunden wird. Da diese Länder häufig eine nur schwach entwickelte Infrastruktur besitzen liegt es nahe, hier mit einer gezielt angepaßten und dezentralen Sonnenenergienutzung vorzugehen. Denn diese erlaubt ein sehr breites und sehr unterschiedliches Anwendungsspektrum umzusetzen – angefangen von sehr einfachen Sonnenkollektoren und -pumpen bis hin zu Sonnenkochern, solaren Ziegelbrennereien usw.
Unter dem Oberbegriff der 3.-Welt-Systeme versuche ich daher, hier alle jene Einfach-Systeme aufzuführen, die für eine Anwendung in sonnenreichen Ländern besonders gut geeignet sind. Einige der Vorhaben werden als gesonderte Modellbeispiele aufgeführt. Im Laufe der Recherchen zeigte sich deutlich, daß in der 3. Welt die Photovoltaik inzwischen die erste Priorität besitzt – was mir im Grunde zwiespältige Gefühle verursacht: Zum einen erleichtert die Elektrifizierung natürlich den Erwerb von Wissen, die Kommunikation, die medizinische Versorgungssicherheit usw., doch andererseits verbleiben die Länder bei dieser Technologie in ihrer (gewohnten) Abhängigkeit von den herstellenden Industriestaaten.
Durch die Innovation eines befreundeten Ingenieurs in Damaskus, Maan Kaadan, sind wir dort auch in den Genuß eines Solarkochers gekommen, der aus einer umgebauten Satelliten-Schüssel besteht und absolut überzeugende Resultate erbracht hat – nicht zuletzt in Form eines tellergroßen Brandloches in einem nassen T-Shirt, das ich zum trocknen auf dem Kocher ausgebreitet …und dort kurz vergessen hatte.
Solarkocher
Auf der Erde kochen noch über 2 Mrd. Menschen mit Feuerholz – und verfeuern dabei jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen Holz. Solarkocher sollen daher in erster Linie dabei helfen, das Abholzen von Savannen und Wäldern zu reduzieren. Außerdem müssen die Menschen in vielen afrikanischen Ländern teilweise stundenlange Wege in Kauf nehmen, um überhaupt genügend Brennholz zum Kochen zusammen zu bekommen. Aus diesen Gründen haben sich unzählige Initiativen, Vereine und Institute mit der Entwicklung von Solarkochern beschäftigt, von denen ich einige kurz vorstellen werde.
Die weiteren Vorteile von Solarkochern lassen sich wie folgt zusammenfassen:
– Das Essen schmeckt besser, weil es ‚rauchfrei’, langsamer und schonender gekocht wird
– Das Essen bleibt nährstoff- und vitaminreicher
– Man braucht das Kochen kaum zu beaufsichtigen, es kann auch kaum anbrennen
– Das Kochen wird zum sozialen Ereignis
– Die Kochgeschwindigkeit baut Streß ab
Die meisten der einfachen Geräte sind isolierte und verglaste Kochkisten (Kochkoffer, Box-Kocher), wie sie im Sudan weit verbreitet sind – oder sie bestehen aus einem segmentierten, parabolischen Spiegel, der die Sonnenstrahlen bündelt und auf den Bodens des Kochgefäßes richtet (Reflektorkocher). Es gibt inzwischen aber auch zusammenklappbare Kocher aus polierten Aluminium- oder Edelstahlsegmenten, außerdem kann (wie bei dem o.g. syrischen Modell) eine mit Aluminium beschichtete Polyethylenfolie eingesetzt werden, die nur etwa 4 DM/m2 kostet (Stand 1991). Eine dritte Variante bildet der technisch und finanziell wesentlich aufwendigere Kollektorkocher, bei dem handelsübliche Flachkollektoren mit einem Ölkreislauf sowie doppelwandige Töpfe zu Einsatz kommen.
Die Anlagen bewähren sich in der 3. Welt vor allem deshalb, weil sie aus einfachster Technik und entsprechenden Bauteilen bestehen, die dort auch noch in der kleinsten Maschinenwerkstatt vorhanden sind. Es ist außerdem verhältnismäßig einfach, einheimische Handwerker zum Selbstbau derartiger Systeme zu animieren.
In China existiert bereits Anfang der 1980er Jahre eine Musterkommune mit 217 Familien, die das Kochen mit solaren Spiegelherden, welche eine Temperatur bis zu 160°C erreichen, praktiziert. Insgesamt soll es zu diesem Zeitpunkt in China rund 80.000 Solarkocher geben, die dort etwa 50 DM kosten. Ein indisches Forschungsinstitut entwickelt einen Korb für Sonnenenergie, der trotz seiner Leistung von fast 1 kW umgerechnet nur fünf Mark kostet.
Die generelle Problematik der Sonnenkocher ist, daß meist zu einer anderen Zeit gekocht und gegessen wird (oft erst in den Abendstunden) als zur Zeit des höchsten Sonnenstandes. Die Interdisziplinäre Projektgruppe für Angepaßte Technologie (IPAT) der TU-Berlin befaßt sich daher schon recht früh mit der Entwicklung transportabler Kochplatten, die es durch ein eingeschlossenes Latentspeichermedium erlauben, die eingefangene Sonnenenergie bei einer Temperatur von 150°C – 250°C über einige Stunden hinweg zu speichern.
1988 setzt die Firma Bomin-Solar eine Entwicklung des Mülheimer Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung, nämlich Magnesiumhydrid als Übergangsspeicher für Sonnenergie zu nutzen, in nachbaubare Solarkocher um. Diese sollen von einer Staatsfirma in Mauretanien gebaut und für ein paar Mark Jahresgebühr an die Bevölkerung vermietet werden.
1990 entwickelt eine deutsch-schweizerische Gruppe einen Solarkocher mit einem elliptischen Facettenspiegel von 7 m2 und einer Wärmebox. Ein einfaches, manuell aufziehbares Uhrwerk auf einer Fahrradfelge ermöglicht eine automatische Sonnennachführung ohne zusätzliche Energiezufuhr. Die Gruppe installiert im nordindischen Kalol eine solare Großküche für die rund 100 Studenten eines Internats, wo drei Reflektoren zum Einsatz kommen, zwei zum Kochen und einer zum Erhitzen von Wasser. Die Jesuiten wollen daraufhin ihre sämtlichen 30 Schulen auf dem Subkontinent entsprechend umrüsten. Zu diesem Zeitpunkt gibt es derartige solare Großkochanlagen in Kenia, dem Sudan und anderen afrikanischen Ländern sowie in einem Kloster in Tibet.
Seit der Teilnahme am grenzüberschreitenden Saar-Solar-Cup 1991 engagiert sich das Europäische Altenwerk Saar-Lo-Lux Europe’Age bei der Förderung erneuerbarer Energien. 1993 unterstützt man mit dem Erlös einer Benefizveranstaltung von über 10.000 DM die Fabrikation von Solarkochern in Ghana. Das zugrundeliegende Modell wurde von der deutsch-französischen Ingenieurgruppe SYNOPSIS entwickelt. Ebenfalls mitengagiert hat sich die Züricher Versicherungstreuhand AG.
1991 entwickelt der Jülicher Professor Klemens Schwarzer einen Sonnenofen von 2 m2 Fläche, der zwei bis drei doppelwandige Töpfe auf bis zu 200°C erhitzen kann. Das Modell kann auch vor Ort hergestellt werden, da es nur aus Glas, Blech und Isoliermaterial besteht.
1992 stellt die Sunstove Organisation in Südafrika einen einfachen Solarkocher vor, der aus Altmetall und recyceltem Kunststoff hergestellt wird. China behauptet, bereits 100.000 Solarkocher im Einsatz zu haben, die von der Henan Academy of Sciences entwickelt worden sind.
1994 findet im spanischen Almeria der bereits zweite internationale Solarkochertest statt, bei dem 25 verschiedene Modelle verglichen und fast ausnahmslos für gut befunden werden. In Costa Rica findet eine Weltkonferenz zu Solarkochern statt – während Indien die Zuschüsse für die Kocher beschneidet, um den Verbrauch von Kerosine und Flüssiggas zu steigern (!).
1998 sind sogar in Deutschland Bausätze mit Preisen um die 300 DM erhältlich. Zu dieser Zeit sind hier Schätzungen zufolge etwa 2.000 – 3.000 Solarkocher im Einsatz, in der Schweiz sollen es sogar 8.000 Stück sein.
Im Jahr 2000 gibt das indische Ministerium für nichtkonventionelle Energiequellen bekannt, daß man mit stark subventionierten Preisen in den vergangenen Jahren bereits 475.000 Solarkocher verkauft hätte. Die Preise liegen mit 25 $ – 60 $ allerdings für viele Menschen immer noch zu hoch.
Der Schweizer Wolfgang Scheffler baut seinen ersten funktionstüchtigen Reflektor (1,1 m x 1,5 m) 1986 in einer Missionsstation in Nordkenya, wo dieser noch immer in Gebrauch ist. Später entwickelt er 8 m2 und 10 m2 Reflektoren für Großküchen, von den zwei Stück 1994 im Rahmen des GTZ-geförderten Projektes ‚Solarkocher für dörfliche Institutionen in Indien’ an der ‚Akademie für eine bessere Welt’ in Mt. Abu installiert und getestet werden. Im Mai 1997 wird dort außerdem ein Dampf-Kochsystem mit 24 Reflektoren gebaut.
Für ein weiteres solares Dampf-Kochsystem in Taleti wird das Reflektordesign komplett überarbeitet und die Fläche auf 9,5 m2 erhöht, wodurch eine Leistung von 4 kW erreicht wird, was einer Temperatur von 850°C auf dem Empfänger bedeutet. Mit Unterstützung des Ministry of Non Conventional Energy Sources in New Delhi werden insgesamt 84 Reflektoren aufgestellt, die ihre Strahlung auf 42 Empfänger richten, die aus im Brennpunkt verlaufenden 12-Zoll Rohren bestehen. Dieses System ist um 20 % effizienter als das in Mt. Abu, der Wirkungsgrad des Gesamtsystems wird mit 45 % beziffert.
2004 gibt es bereits ca. 750 Reflektoren in 21 Ländern – was etwa 200 Solarküchen mit 1 bis 3 Reflektoren entspricht, die hauptsächlich zur Versorgung von Internatsschulen in abgelegenen Gebieten errichtet werden – doch darunter auch 12 mit Dampf arbeitende Großanlagen mit 10 bis sogar 106 Reflektoren.
In der größten Solarküche der Welt in Abu Road, im indischen Rajastan, wird inzwischen für bis zu 18.000 Besucher eines Yoga-Zentrums vom Brahma Kumaris gekocht. Diese erste Anlage mit ca. 800 m2 Spiegelfläche konnte dort aufgrund des hohen Anteils an Eigenleistungen für umgerechnet nur 100.000,- € realisiert werden, und täglich werden dadurch bis zu 400 l Diesel ersetzt. Und bis 2006 werden noch 7 weitere derartige Anlagen, nicht alle so groß, gebaut. Zu diesem Zeitpunkt wird die Zahl der weltweit installierten Scheffler-Reflektoren bereits auf 950 geschätzt, da viele Werkstätten, welche die Technologie überall übernommen haben, unabhängig und stetig neue Anlagen bauen, ohne daß dies irgendwo registriert wird.
Während der Internationalen Solarkocher-Konferenz in Spanien 2006 berichtet Scheffler auch über das Thema “Development of a Solar Crematorium”.
Im März 2008 können in Taleti, nahe dem Berg Abu und in 1219 m Höhe über dem Meeresspiegel, an Tagen mit besonders starker Sonne schon bis zu 38.500 Mahlzeiten bereitet werden.
Auf dem Markt gibt es inzwischen eine Fülle an Büchern zum Thema Solarkocher, ebenso findet man im Internet leicht die unterschiedlichsten Bauanleitungen.
Einen besonders schönen Solarkocher bieten die Lebenshilfe Werkstätten Bad Kreuznach gGmbH unter dem Namen Papillon an. Der Bausatz dieses zusammenklapp- und auch -rollbaren Solarkochers kann man beim Förderverein für die Entwicklungsländer e.V. in Burg Layen bei Bingen am Rhein bestellen, er kostet 2006 genau 598 €. Der Papillon wurde von Jochen Dessel in Zusammenarbeit mit Bernd Hafner, Klemens Schwarzer und Willi Heinzen entwickelt.
Der erste Prototyp des Papillon Solarkochers entstand 1997 nach einer Anforderungsliste, welche mit Hilfe von Solarkocherbenutzern in Burkina Faso erstellt wurde. Wichtige Kriterien waren:
– Einfache Konstruktion für eine Fertigung im Einsatzland
– Angepasste Leistung für Familien bis ca. 15 Personen, oder kleine Restaurants
– Gute Zugänglichkeit des Topfes
– Reduzierung der Blendgefahr des Benutzers
– Kleine Abmessung des Kochers bei Nichtbenutzung des Systems
Die Entwicklung des Papillon, der seine Namensgebung aufgrund der zwei klappbaren Spiegel hat, durchlief bis heute 4 Entwicklungsstufen, welche bei Familien in Burkina Faso getestet wurden. Am Ende der Entwicklung stand ein Bausatz, der es ermöglicht, den Papillon in die verschiedenen Länder zu verschicken, um ihn dort auf Akzeptanz in der Bevölkerung zu testen.
Ein weiteres interessantes Modell ist die solare Kochstelle MS-ST9 Primrose, nach einer Erfindung des Franzosen Roger Bernard, die außergewöhnlich windstabil ist und in der Handhabung sehr bequem. Die Arbeitshöhe ist stets gleich bleibend und man kann es zudem so einrichten, daß sich der Koch stets im Schatten befindet. Damit Speisen nicht anbrennen, müssen sie von Zeit zu Zeit umgerührt werden. Nur dieses Gerät erlaubt dies ohne umständliches aus-der-Sonne-drehen. Der Reflektor lässt sich hochklappen, was ein leichtes Transportieren und Verstauen gewährleistet.
Außerdem vereint diese Kochstelle die Vorteile eines Parabolkochers mit denen eines Kistenkochers, denn er verfügt auch über eine so genannte Wärmefalle: die Strahlen werden von dem Spiegel durch ein Fenster in einen Kochraum reflektiert. Dieser ist innen ebenfalls verspiegelt und gut isoliert. Somit kann die Energie nicht entweichen und steht vollständig zur Verfügung. Das Unternehmen Mueller Solartechnik aus Stadecken-Elsheim bietet die solare Kochstelle als Bausatz für € 218 und als Fertiggerät für € 358 an (Stand 2006).
Ein anderes System kommt aus China und stellt eher eine high-tech-Variante von Solarkochern dar: Neben dem Reflektor, der bis zu 800°C erreichen soll, ist das Gerät auch mit einer Solarzellen-betriebenen vollautomatischen Sonnennachführung ausgestattet!
Ab März 2006 sollen 1.000 solar betriebene Kocher des Klimaschutz e.V. aus Bonn den Brennholzbedarf auf den indonesischen Sabang-Inseln reduzieren. Mit dem ‚Solar Cooker Project Aceh 1 Indonesia’ hat das Klimasekretariat der Vereinten Nationen erstmals ein rein deutsches CDM-Projekt registriert (CDM: Clean Development Mechanism).
Ein aktuelles Projekt ist z.B. das Solar Fire-Projekt der gemeinnützigen kanadischen ASTRA Agency for Solar Technology Research and Application Inc., die neben ihrer Heimat auch in den USA, in Mexiko, Kuba, Frankreich und Mali aktiv ist, und deren Solarkocher einen Liter Wasser innerhalb von 5 Minuten zum Kochen bringen. Die Technologie der bereits Anfang der 1990er Jahre von Fraser Symington entwickelten Systeme basiert auf einfachen, in 3.-Welt-Ländern vorhanden und leicht zu montierenden Ausgangsmaterialien. Es gibt den Vesta für zu Hause, den Helios für kleinere Gemeinschaften und den Apollo für semi-industrielle Zwecke.
Positive Nebeneffekte von Solarkochern auch in entwickelten Ländern sind u.a. reduzierte Stromkosten – dadurch, daß die Küche nicht mehr so stark aufgeheizt wird und die Klimaanlage wiederum weniger arbeiten muß, um diese Hitze zu entfernen.
Ein sehr empfehlenswertes Portal mit einer großen Fülle der verschiedensten Modelle und Entwicklungen ist die Seite von solarcooking.org.
Solartrockner
Die Solartrockner, die meist nach dem Prinzip der Luftkollektoren funktionieren, habe ich weiter oben schon ausführlicher dargestellt.
In der 3. Welt finden diese Systeme zunehmend Anwendung, wobei in erster Linie Lebensmittel sowie andere Agrar- bzw. Forstprodukte getrocknet werden – angefangen von Fischen über Kaffee bis zu Aprikosen usw.
Einfachst-Solarkollektor
Die PROKOL-Gruppe in Berlin stellt bereits Anfang der 1970er Jahre einen Einfachkollektor von 2 m2 vor, der aus 50 alten Autoscheinwerfer-Reflektoren besteht, die zusammen auf einem hohlen Türblatt befestigt sind. Durch ihre Brennpunkte läuft ein Röhrensystem, in dem das zu erwärmende Wasser zirkuliert. Die Gruppe schlägt auch vor, halbierte Teerfässer mit Aluminiumfolie auszuschlagen, wobei das Röhrensystem hier durch die Brennlinien geführt wird.
Im Recycling-Verfahren können aber auch alte Kühlschränke verwendet werden, wobei das rückseitige Röhrensystem zum Leiten des Wassers, und der Schrank selber als gut isolierter Warmwassertank zu nutzen sind. Als Speicher kommen weiterhin Keramikbehälter, Tonröhren oder Badewannen mit guter Isolierung in Frage. Als Billigmaterialien für die Kollektor- und ggf. auch Speicherisolation werden Stroh und/oder Wolle genannt, doch genauso gut geht es auch mit Lumpen, Baumwoll- und anderer Agrarresten – solange diese nur schön trocken bleiben.
In den USA wird sogar ein Einfachstkollektor aus alten Bierdosen hergestellt.
Über ähnliche Systeme, die allerdings erst in der jüngsten Vergangenheit publiziert werden, habe ich in der allgemeinen Sonnenkollektoren-Übersicht schon berichtet. Ein weiteres Beispiel dafür, daß im Grunde sehr wichtige und sinnvolle Innovationen über 30 Jahre lang weitgehend verschwiegen worden sind.
1987 beschließen Jordanien und Ägypten die Kooperation bei der Entwicklung eines Billigsystems unter 250 $, wobei die Finanzierung vom BMFT übernommen wird – leider habe ich später nie wieder etwas von diesem Projekt gehört.
Solarkühler
Die Nutzung der Solarwärme zum Kühlen hört sich zwar paradox an, wird jedoch schon seit altersher praktiziert, z.B. bei den überall in der arabischen Welt verbreiteten Wasserkrügen aus unglasiertem Ton. Die Verdunstung des transpirierenden Wassers an der Außenfläche des Kruges reicht aus, um die Temperatur des Wasser innen um mehrere Grade zu senken.
Im Prinzip ist es möglich, ohne den Einsatz von elektrischem Strom mit den folgenden Methoden zu kühlen:
– durch chemische Zusätze
– durch komprimierte Gase
– durch Aufbewahrung in kühler Umgebung
– durch Verwendung von Eis
– durch Verdunstung
Die induzierte Verdunstung wird auch bei sogenannten Sumpfkühlern genutzt, die große Gebläse besitzen, welche Luft durch mit Wasser getränkte Matten oder Gewebeanordnungen saugen bzw. eine Durchströmung induzieren. Solche Systeme werden z.B. im Irak schon seit vielen Jahrzehnten zur Klimatisierung von Wohnräumen eingesetzt. Einfache Verfahren kommen sogar ohne Gebläse aus, indem mittels Sonnenwärme ein entsprechender Sog erzeugt wird, wobei man hier von einer solaren Luftrampe spricht. Und je größer die Strahlungsintensität ist, um so größer ist auch das Saugvermögen dieser Solarrampe.
In Harare, der fast 1.500 m hoch gelegenen Hauptstadt Simbabwes, entsteht 1996 ein 9-stöckiges Bürohaus, dessen Belüftungs- und Kühlsystem der Technologie von Termitenbauten nachempfunden ist. Trotz Tagestemperaturen von 40°C und nächtlichem Absinken bis in Gefrierpunktnähe wird eine konstante Innentemperatur von 23°C – 25°C erreicht, ohne daß eine Klimaanlage notwendig ist. Entwickelt wird der Termitenbau mit seinen Luftschächten in Form von doppelten Wänden, Decken und Fußböden von der Londoner Ingenieurfirma Ove Arup, gebaut wird es von dem simbabwischen Architekten Mick Pearce.
Auch Bomin-Solar beschäftigt sich mit der solaren Kühlung. Das Unternehmen setzt dabei auf den ‚doppelten Stirling’, einen Motor, bei dem ein zusätzlicher Kolben als Kälteaggregat fungiert. Hier kommt das auch bei Haushaltskühlschränken angewandte Funktionsprinzip der zyklischen Kompression bzw. Dekompression des Arbeitsgases zum Tragen. Das System wird auch als Entsalzungsanlage adaptiert (s.u.).
Eine sehr einfache Kühlmethode bildet der Holzkohlekühlschrank, dessen Baupläne schon Anfang der 1970er Jahre mittels verschiedener Alternativenergiepublikationen verbreitet werden, und der ebenfalls nach dem Prinzip der Verdunstungskälte arbeitet. Der Kühlschrank besteht aus Maschendraht-Wänden die mit Holzkohle befüllt sind, und auf die aus einer obenliegenden Wanne ständig Wasser tropft. Holzkohle wird deshalb benutzt, weil auf ihrer porösen, vergrößerten Oberfläche mehr Wasser verdunsten kann als bei einer kleinen Oberfläche. Holzkohle ist außerdem geruchshemmend, wasserbeständig, billig und auch überall zu finden. In den wärmeren Jahreszeiten kann die Innentemperatur auf bis zu 12°C gesenkt werden.
Die Gruppe IPAT der TU-Berlin arbeitet ebenfalls an Techniken zur solaren Kühlung. Bereits Ende der 1980er Jahre wird in Zusammenarbeit mit dem Kreuzberger Ingenieurkollektiv Wuseltronic für das Impfprogramm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Solarkühlschrank entwickelt, der sich besonders gut für die Aufbewahrung von wärmeempfindlichen medizinischen Seren bei konstant 4°C eignet. Selbst bei Außentemperaturen von 43°C hält der Solarkühlschrank innen die gewünschte Temperatur, er kommt drei Tage ohne Betriebsenergie aus und hat eine Lebensdauer von mehr als 10 Jahren. Das System wir photovoltaisch betrieben und besitzt eine präzise Steuerelektronik, außerdem ist die Vakuumisolation des Kühlbehälters aus Borsilikatglas etwa zehn mal so effektiv wie die handelsüblicher Kühlschränke. Als Wärmetauscher dienen zwei Peltier-Elemente.
Wie so häufig wird der Entwicklung kurz vor Erreichen der Marktreife 1990 ihre Förderung gestrichen, so daß die notwendigen Tests in den Tropen nicht mehr durchgeführt werden können. Auf einem zehn Jahre später von mir mitorganisierten Umweltfestival ID 2000 in Berlin wird der rucksackgroße Solarkühlschrank ausgestellt – als wertvolles, unersetzbares Einzelstück…
Ab Mitte der 1990er wird das Prinzip der solaren Kühlung wieder aktuell, diesmal in Verbindung mit der Siliziumverbindung Zeolith (s.u. Wärmespeichern). Eine einfache Version, die sogar ohne Strom auskommt, entwickelt der Verein EG-Solar in Altötting. Hier wird der notwendige starke Unterdruck mittels einer Handpumpe erzeugt.
Eine weitere Kühlmethode ist die Strahlungskühlung, die hier nur kurz beschrieben werden soll, da es sich im Grunde ja um eine ‚Ohne-Sonne-Kühlung’ handelt: Metallplatten werden mit einer Kombination unterschiedlicher Isolationsmaterialien möglichst perfekt gegen eingestrahlte Energie abgeschirmt. Diese Abschirmung ist nur für eine mittlere Infrarot-Wellenlänge zwischen 8 µm und 13 µm durchlässig. Die Infrarotstrahlung transportiert die Wärme der Platten ab; und da das Licht dieser Wellenlänge von der irdischen Lufthülle nicht absorbiert wird, stellt es eine Verbindung zum Weltall her – und die Metallplatten können sich bis auf minus 50°C abkühlen. Statt Metallplatten sollen sich auch Folien aus schwarzem Polyäthylen und Cadmiumtellurid eignen, da diese Materialen für das kurzwellige und sichtbare Licht undurchlässig, für die längerwellige Strahlung, die beim Abkühlen unterhalb der Umgebungstemperatur auftritt, jedoch durchsichtig sind.